Alma ist erfolgreich als Anwältin, lebt mit einem reichen Mann zusammen und hat ihr Leben im Griff. Bis sie einen Anruf von einem Polizisten aus Billings bekommt, dem Ort, in dem sie aufgewachsen ist. Ihre Schwester Vicky ist tot aufgefunden worden und ihre Nichte Brittany hat beim Anblick ihrer toten Mutter aufgehört zu sprechen. Wieder einmal hat Alma das Gefühl, dass sie diejenige ist, die als Retterin der Familie auf den Plan treten muss. Zu dem Zeitpunkt ahnt sie nicht, welche Leichen in ihrer Familie tatsächlich begraben liegen.
"Als die Räder der Rollbahn aufsetzen, gibt das eigenartige Gefühl der Rückkehr auf heimischen Boden Alma Halt.
Sie atmet tief aus und fragt sich, wann sie angefangen hat, die Luft anzuhalten. Es ist alles lange her. Hier sind ihre Toten begraben, eine weitere kommt bald hinzu, hier leben ihre Verwandten, ihre Geister halten Wache, und man kennt sie, sie ist zu Hause."
"Denn wir waren Schwestern" beginnt ziemlich rasant. Der Leser bekommt einen ersten Eindruck darüber, wie kaputt Vickys Leben ist. Zwischen Drogen und Alkohol fristet sie ihr Dasein, den Blick auf ihre Sucht und nicht mehr auf ihr Kind gerichtet, dass zwischen Junkies und Abenteuersüchtigen aufwächst und lernt für sich selbst zu sorgen. Bei den anderen Familienmitgliedern bekommen Vicky und Brittany nur wenig Rückhalt. Schwarzes Schaf bleibt schwarzes Schaf und der Eindruck, dass Vicky ihre Situation selbst verschuldet hat, löst nach einiger Zeit auch kein Mitleid mehr bei ihren Mitmenschen aus. Alma ist genau das Gegenteil. Doch auch von ihr haben sich die Verwandten abgewendet. Neid führt dazu, dass man sich von ihr abgrenzt. Ihre Welt ist so viel anders, als die der zurückgebliebenen Familienmitgliedern, die in ihrem kleinen Örtchen eine ganz andere Lebensweise haben als Alma.
"Sie spricht die Worte aus: Nur durch die Gnade Gottes stehe ich hier. Sie hat sie sich schon viele Male vorgesprochen, als Talisman gegen Überheblichkeit und jedes Mal hat sie dabei an Vicky gedacht, ihr anderes Selbst, das eine bittere, süchtige Hemmungslosigkeit ausgelebt hat, die Kehrseite von Almas zwanghafter Arbeitsmoral und ihrer verbissener Selbstkontrolle."
Alma und Vicky waren sich einmal sehr nah. So eng, dass sie das Gefühl hatten eins zu sein. Doch dann ist Alma weggegangen und Vicky sind Dinge geschehen, die ich hier nicht ansprechen werde, denn die muss der Leser im gut entworfenen Spannungsbogen des Romans selbst finden. Almas Reise zur Beerdigung ihrer Schwester ist nicht nur heimkehren, sondern auch sich selbst finden. Mit ihren Wurzeln konfrontiert werden und ihren eigenen Frieden mit Dingen und Personen schließen, die sie selbst in eine dunkle Ecke ihres Lebens abgestellt und dort ignoriert hat, von denen sie nun aber eingeholt wird.
" 'Die Heimat lässt einen doch nie los, nicht wahr? Egal, wie weit man weggeht. Wenn eine Familie so weit zurückreicht wie Ihre und meine, dann ist dieses Land wie die eigene Mutter. Mein Freund Ed weiter oben an der Straße sagt, er weiß nicht, ob das ein Fluch ist oder ein Segen.' "
Die Schreibe von Autorin Carrie La Seur ist klar und flüssig. "Denn wir waren Schwestern" ist ihr Debüt und recht gut gelungen. Der Einstige in diesen gut inszenierten Roman ist spannend und rasant, danach verliert sich die Autorin so ein kleines bisschen, was sich auf die Handlung auswirkt. Ich hab den Roman ganz gern gelesen, doch ein Kritikpunkt sind für mich die Emotionen der Protagonisten. Die sind ein bisschen flach, vielleicht abgestumpft durch die Fehde innerhalb der Familie und Erlebnisse, die zum Bruch geführt haben. Dennoch hätten Handlung und Charaktere besser auf mich wirken können, wenn Carrie La Seur etwas mehr in die Tiefe gegangen wäre.
Buchinfo:
Insel (Januar 2015)
344 Seiten
Taschenbuch
9,99 €
Originaltitel: The Home Place
Übersetzung: Christel Dormagen, Brigitte Heinrich
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