Venedig, 1468. Auf Murano, Wiege der Glaskunst, fließt die Zeit sanft wie das Wasser in den Kanälen. Doch der tragische Tod des Glasvirtuosen Lorenzo Rosso, bringt die Welt zum Stillstand. In ihrer Verzweiflung nimmt Tochter Orsola das Schicksal der Familie in die Hand. Mutig kämpft sie gegen alle Konventionen und erlernt im Verborgenen das Handwerk des Vaters. Ihr gläsernes Geheimnis, zart wie die Perlen, die sie formt, trägt sie durch die Zeiten und das Leben der jungen Frau verschmilzt mit den Geheimnissen der Stadt. Orsolas Geschichte ist die Geschichte einer Frau, für die der Glaube an die Liebe und das Vertrauen auf sich selbst alles überdauern und zugleich eine Liebeserklärung an eine der romantischsten Städte der Welt.(Text & Cover: Atlantik, Foto: N. Eppner)
Die Glaskunst in Murano ist ein eigensinniges Handwerk: Sie darf nur dort stattfinden. Das Geheimnis der Glasbläser darf nirgendswo anders preisgegeben werden. Glasbläser aus Murano müssen dort bleiben, dürfen die Insel nicht verlassen. Und die Glaskunst darf nur von Männern ausgeübt werden.
Als jedoch Lorenzo Rosso, Pater Familias der Glasbläserfamilie Rosso plötzlich verstirbt, ist es seine Tochter Orsola, die versucht die Familie durch das Handwerk der Glasbläserei zu retten. Ihr Bruder, der nun die patriarchale Rolle in der Familie eingenommen hat, ist davon weniger begeistert und verbietet Orsola die Glasbläserei. Orsola lässt sich davon nicht abhalten, arbeitet und verkauft heimlich, wird zu einer wichtigen Institution für die Familie, für die Glaskunst, für Murano.
Zunächst war ich etwas irritiert über die Erzählart von Tracy Chevalier, denn nach einigen Stationen im Jahr 1468 springt sie plötzlich in der Zeit. Das passiert mehrfach, bis wir in der Gegenwart ankommen. Im Zentrum des Geschehens steht immer Orsola und ihre Familie. Stehen Traditionen, aber auch das Weltgeschehen, mit dem Orsolas eigene Geschichte und die Muranos verknüpft werden. So sieht sich die Familie Rosso bspw. mit der Pest konfrontiert, die nicht nur geliebten Menschen das Leben kostet, sondern auch eine finanzielle Notlage und Neuorientierung fordert.
Chevalier kreiert eine schöne Skizze dessen, was in einem halben Jahrhundert geschehen kann. Sozial, wie auch wirtschaftlich. Zeigt, wie eng alles miteinander verknüpft ist, welche kleinen Nuancen entscheidende Veränderungen hervorrufen können.
"Das Geheimnis der Glasbläserin" hat mich sehr gut unterhalten. Es ist notwendig sich auf die Zeitsprünge einzulassen, um die Geschichte voll und ganz genießen zu können. Das ist natürlich kein realistischer Ablauf, denn wir begegnen nicht den Nachkommen von Orsola, sondern sie und ihre Familie altern nicht reell mit. Aber gerade dadurch werden einige Stationen der Weltgeschichte noch klarer. Ich mochte sehr, dass ich von einer spannenden Story getragen und nebenbei noch so viel historisches gelernt habe.
(Fun Fact: Der kleine Drache aus Glas, auf meinem Foto, ist nicht aus Murano, aber aus Meran, das immerhin im gleichen Land liegt ;))
Buchinfo:
Atlantik (2024)
Hardcover mit Schutzumschlag
25,- €
464 Seiten
Rezensionen: 2024, Nanni Eppner