Der
Mittelpunkt der Familie Madigan ist Mutter Rosaleen. Sie ist die
Figur, um die sich in der Familie alles dreht. Die Herrscherin der
Familienbande. Ihr Mann Pat, sowie ihre vier Kinder, Emmet, Dan,
Constance und Hanna, lassen sich von ihr delegieren, von ihrem
Einfluss, ihrer Art, auf die Familienmitglieder einzuwirken,
beeinflussen.
Hat
Rosaleen das Gefühl etwas läuft aus dem Ruder, bekommt sie eine Art
Nervenzusammenbruch. Den Kindern vermittelt sie das Gefühl, dass es
so schlimm ist, dass sie daran sterben wird. Ihr Tod ist für sie das
Druckmittel, alles in geordnete Bahnen zu lenken, die Familie
zusammen zuhalten und in die Richtung zu dirigieren, die ihr als die
geeignete vorschwebt.
Sie
meint es ja nicht böse, möchte nur das Beste für sich und die
Familie, missachtet dabei jedoch häufig die Wünsche und Bedürfnisse
ihrer Kinder. Verkennt den Zusammenhang zwischen freier Entfaltung
und gesunder Entwicklung. Der Tod bleibt weiterhin Bestandteil des
Lebens der Madigan Kinder. Auch, als sie schon längst erwachsen sind
und ihren eigenen Weg gehen. So sehr vom Verhalten der Mutter
beeinflusst, können sie sich den kalten Händen des Todes, mit denen
er sie immer wieder erwischt, versucht zu berühren, ohne immer
sofort zuzugreifen, nicht entziehen. Bewusst wie unbewusst umgeben
sie sich mit Menschen, die zum Sterben verurteilt sind, entdecken in
sich kleine Todesfäden, versuchen auf ihre Art zu helfen, zu retten,
dem kalten Feind ein Schnippchen zu schlagen.
„Es
war eine Vergewaltigung, dachte sie jetzt, oder es wäre eine
gewesen, wenn sie gewusst hätte, wie man Nein sagt. Das war, seien
wir ehrlich, kein Wort, das zu verwenden sie erzogen worden war: Was
soll das heißen, >>nein<< ?“
An
ihren Handlungsvorgängen ist deutlich zu spüren, welch großen
Einfluss Rosaleen auf sie hatte bzw. nach wie vor noch hat. Dass von
ihr bestimmte Handlungsstrukturen sich so sehr manifestiert haben,
dass sich keins der Kinder davon lösen kann. Untergründig tragen
sie den Wunsch sich endlich dem Einfluss der Mutter zu entziehen,
meiden den Kontakt zu ihr, wünschen sich vielleicht sogar ihren Tod,
um ihren Fängen zu entgehen. Doch ist es im Endeffekt nicht dennoch
Mutterliebe, die von Rosaleen ausgeht? Erdrückend und schwer, aber
Liebe aus ganzem Herzen. In der Form ausgedrückt, die Rosaleens
Möglichkeiten entspricht?
Das
Thema Einfluss der Eltern auf die Handlungen, auf Vorlieben, Wünsche
und Sehnsüchte der Kinder, finde ich eigentlich sehr interessant.
Anne Enright hat dies sprachlich gut herausgearbeitet, auch wenn der
Leser manchmal einen kleinen Umweg mit ihr geht. Sie lässt Freiraum
für eigene Gedanken und eigene Interpretationen. Dennoch konnte sie
mich eben nicht zu hundert Prozent überzeugen. Als Grund sehe ich
die Familie Madigan, deren psychische Einschränkungen zwar
prinzipiell interessant sind, aber eben nicht so, wie Enright sie
darstellt. Ich finde die Kinder zum Teil langweilig und ihre
Handlungen zu sehr voraussehbar, wodurch der Roman einige Längen
entwickelte.
Für
mich ist „Rosaleens Fest“ der erste Roman Anne Enrights, die mich
sprachlich mehr überzeugt hat, als inhaltlich, aber dennoch mein
Interesse an ihren anderen Romanen wecken konnte.
Buchinfo:
DVA (November 2015)
384 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
19,99 €
Originaltitel: The green road
Übersetzung: Hans-Christian Oeser
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Lesungstermine:
München / 24.11. / Literaturhaus, i.R. des Literaturfests, 20 Uhr, dt. Les.: Ulrike Kriener, Mod.: Tanya Lieske
Darmstadt / 25.11. / Evang. Stadtkirche, 19.30 Uhr, dt. Les.: Johanna Gastdorf, Mod.: Bianca Schamp
Stuttgart / 26.11. / Literaturhaus, 20 Uhr, dt. Les.: Johanna Gastdorf, Mod.: Tanya Lieske
Berlin / 27.11. / Backfabrik Clinker Lounge, 20 Uhr, dt. Les.: Claudia Michelsen, Mod.: Margarete von Schwarzkopf
Sehr interessant und vor allem gut, deine Rezi! Mir hat das Buch sprachlich auch sehr gut gefallen, aber leider inhaltlich nicht so sehr - aber mir hat der Schreibstil so zugesagt, dass ich bestimmt ein weiteres Buch der Autorin lesen werde. Ich weiß nur noch nicht, welches ...
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Sabine
Meine Rezension
Liebe Sabine,
Löschenvielen Dank für dein Lob.
Ich werde definitiv auch andere Bücher der Autorin lesen, weil mir ihr Schreibstil so gut gefallen hat. Dass die Figuren dieses Romans nicht so meins waren bzw. sie mich nicht so interessiert haben, ist ja auch Geschmackssache. Gut möglich, dass mir andere von ihr entworfene Charaktere gefallen.
Sag mal Bescheid für welches Buch du dich entschieden hast :)
Liebe Grüße
Nanni