Christine befindet
sich in Elternzeit. Sie muss nicht arbeiten, denn ihr Mann Jörg
verdient genug. Sie kann das Geld für schöne Klamotten,
Handtaschen, Alkohol und Koks ausgeben. Jörg freut sich, wenn sie
sich etwas gönnt. Gut, Alkohol und Drogen sind nicht so seins, aber
was er nicht weiß... Mit Sport machen hält sie es genauso, denn
Sport mag ihr Ehemann auch nicht so gern.
Eigentlich hat sie
alles. Einen großzügigen Ehemann, eine niedliche, kleine Tochter
und seit neustem ein Mädchen für Alles. Marie kocht, putzt, wäscht,
kümmert sich ums Baby und sieht auch noch gut aus. Für Christine
ist sie die perfekte Möglichkeit von ihrer Langeweile wegzukommen.
Auf alle ihr erdenklichen Arten.
Als Moderatorin habe
ich Charlotte Roche immer gemocht. Prinzipiell finde ich sie
sympathisch und lese gern ihre Interviews. Ihre Romane hingegen …
tja … die sind ja doch so eine Sache für sich. „Feuchtgebiete“
fand ich so eklig, dass ich mich der Story dahinter, die eigentlich
meinem Lesegeschmack entspricht, einfach nicht widmen konnte. Von
„Schoßgebete“ habe ich dann lieber gleich die Finger von
gelassen, aber mit „Mädchen für alles“ erging es mir ein
bisschen wie Christine beim Anblick von Marie. Es hat einen gewissen
Reiz auf mich ausgeübt.
Ich dachte mir, dass
es mal wieder Zeit ist für einen Roman voller Ehrlichkeit. Der nicht
um den heißen Brei herum redet und auch die Dinge auf den Tisch
bringt, die gerne unter den Teppich gekehrt werden. Dass eine nach
außen scheinende Ehe nicht so rosig ist, wie alle denken, dass es
sein kann, dass auch ein Wunschkind nicht die Erfüllung ist und dass
man sich manchmal eben auch nach Sport sehnt, auch wenn man diesen
mit teuren Handtaschen kompensieren kann. Es könnte so schön sein,
wenn Christines Nörgeligkeit nicht so ausgeprägt wäre, dass es an
meinem Lesernerv kratzt und wenn Charlotte Roche sich einfach mal auf
ihre Fähigkeit Geschichten mit Hintergrund zu konzipieren,
konzentrieren würde, statt in scheinbar beliebiger Form sexuelle und
fäkale Szenen einzubauen. Ein bisschen ist okay und ich verstehe
auch, dass Christine ihre Fantasien ausleben möchte – wofür hat
man denn ein Mädchen für alles?! - aber wenn ich das Gefühl habe,
dass diese Dinge wahllos eingesetzt werden, frei nach dem Motto „sex
sells“, dann finde ich es einfach nur nervig. Zumal Roche immer
wieder sehr banal und flach damit umgeht.
Ich bin ganz froh
mich für die Hörbuch Variante des Romans entschieden zu haben, denn
hätte ich es gelesen und mich voll und ganz dem Buch gewidmet, hätte
ich mich darüber geärgert Lesezeit verplempert zu haben. In dieser
Form konnte ich nebenbei Hausarbeit machen, Auto fahren etc. Jessica
Schwarz ist mit ihrer markanten Stimme eine perfekte Besetzung für
den Roman. Problemlos switcht sie von sanft, nachdenklich hin zur
nervigen Variante von Christine, die in schrillem Ton die naive Marie
herumkommandiert.
„Mädchen für alles“ hat leider nicht ganz den Ton getroffen, der eine Harmonie
mit meinem Romangeschmack bildet. Ich würde mir wünschen Charlotte
Roche würde sich auf ihre gute Menschenkenntnis beschränken und in
ihren Romanen verarbeiten und dafür gewollt sexuelle, provozierende
Abschnitte daraus entfernen. Wenn das passiert, dann lese / höre ich
noch eins ihrer Werke, ansonsten war es das mit uns beiden jetzt.
Dann passen wir auf literarischer Ebene leider einfach nicht
zusammen.
Hörbuchinfo:
Osterwoldin Hörbuch Hamburg (Oktober 2015)
404
Minuten Laufzeit
6 CDs
Ungekürzte
Lesung
Sprecherin:
Jessica Schwarz
Romanvorlage:
Piper
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Charlotte Roche ist für mich seit dem ersten Drittel von "Schoßgebete" durch. Was uns die Autorin mit ihren immer wiederkehrenden Sexszenen mitteilen will - ich habe keine Lust mehr dazu, es herauszufinden.
AntwortenLöschenHallo Kersti,
Löschendas kann ich gut verstehen. Wie gesagt, für mich ist es jetzt auch vorbei.
Liebe Grüße
Nanni