Familie Hawthorne
scheint perfekt zu sein. Mutter Nora ist als Maklerin so erfolgreich,
dass ihr Chef sie darum bittet, nach der Kinderpause wieder bei ihm
zu arbeiten. Vater Gabe ist Seniorpartner eines erfolgreichen
Unternehmens, Harvardabsolvent und liebt seine Frau auch nach all den
Jahren noch. Angela, die Älteste der drei Töchter, ist Klassenbeste
und strebt an ebenfalls nach Harvard gehen zu dürfen. Tochter Cecily
ist eine hochbegabte Tänzerin und kämpft mit ihrer Truppe um die
Weltmeisterschaft und Nesthäkchen Maya ist trotz fehlender
Lesefähigkeit ein echter Sonnenschein.
Doch tief im Inneren
des Familiensystems brodelt es. Jedes Familienmitglied trägt
Geheimnisse und Lügen mit sich herum, die untergründig schwelen, zu
Schuldgefühlen und stetig wachsenden Hindernissen führen. Was
passiert, wenn diese wie ein alter Vulkan schlummernden Täuschungen
so hoch brodeln, dass eine Explosion nicht mehr abzuwenden ist?
Bricht dann die heile Familienwelt zusammen?
Keins der
Familienmitglieder fühlt sich so richtig wohl in seiner Haut. Angela
z.B. verbringt so viel Zeit mit Lernen, dass sie das richtige Leben
einer Jugendlichen verpasst. Keine Partys, keine Jungs, kein Spaß.
Ist der Weg tatsächlich der richtige oder sollte sie gar ihr Ziel
noch einmal überdenken?
Ich lese sehr gerne
Familiengeschichten, habe mir im letzten halben Jahr einige zu Gemüte
geführt. Die der Hawthornes ist eine der interessantesten, die ich
in diesem Zeitraum gelesen habe. Meg Mitchell Moore hat jedem
einzelnen Familienmitglied viel Zeit gewidmet, sie in feinster
Detailgenauigkeit ausgearbeitet und so starke Charaktere entstehen
lassen. Auf den ersten Blick perfekt, hat jeder von ihnen reichlich
Ecken und Kanten. Das erweckt sie zum Leben, lässt sie real wirken
und macht sie sympathisch.
Gekonnt hält die
Autorin den Leser im Lesefluss. Es entstehen erste Zweifel an den
Geschichten der Figuren, der Leser bemerkt, dass da etwas im Argen
ist, dass es Behauptungen gibt, die nicht stimmen, weiß aber
zunächst nicht, worum es tatsächlich geht. Häppchenweise bekommt
er die Auflösung. Nicht zu viel auf einmal, immer so, dass man eben
mal noch ein Kapitel mehr lesen möchte. Und noch eins. Und noch
eins.
Meg Mitchell Moore
lässt ihre Protagonisten erzählen. Auf verschiedenen Ebenen kommt
jeder der Familienmitglieder zu Wort. Es entsteht eine gewisse Nähe
zwischen Protagonisten und Leser, die sich zum Ende hin mehr und mehr
verstärkt. Einem Ende, das ganz nach meinem Geschmack ist.
Buchinfo:
Bloomsbury
Berlin (März 2016)
432
Seiten
Gebunden
mit Schutzumschlag
20,00
€
Übersetzung:
Sabine Schwenk
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