Courtney
ist fünfzehn Jahre alt, als sie die behütenden Mauern des Internats
verlässt und zu ihrer Mutter, einer Schauspielerin, in eine
Hotelsuite zieht. Die Mutter begründet ihre Entscheidung damit, dass
Courtney im Internat keinen Anschluss zu Gleichaltrigen findet und
somit wohl sehr unglücklich sein muss. Ihre täglich gleichbleibende
Müdigkeit und die daraufhin geäußerten Bedenken eines Arztes
bestätigen die Mutter in der Richtigkeit ihres Beschlusses.
Courtney
– tatsächlich ungeübt im Umgang mit Gleichaltrigen – findet
sich recht schnell in das neue Leben, bestehend aus spätem
aufstehen, Cocktails, bis in die Nacht reichende Abendessen, ein. Sie
verliebt sich in einen jungen Darsteller, für den sie nur ein
amüsantes Zwischenspiel ist und da die erste Erfahrung mit Männern
fast ebenso prägend für zukünftige Beziehungen ist, wie das
Verhalten der Eltern, fällt es der hübschen Courtney nur sehr
schwer eine ehrliche und ernsthafte Beziehung einzugehen.
„Aber
sie wollte auch nicht, dass Al sich schlecht fühlte, schließlich
musste man als Frau mit Zudringlichkeiten er und konnte nicht alle
Schuld dem Mann zuschieben.“
Courtneys
Leben wird bestimmt von Oberflächlichkeiten und einem durch die
Mutter vorgelebten Rollenbild der Frau, das nicht gerade dazu
beiträgt, dass Courtney Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit
aufbaut. Vorgetäuschte Tatsachen, falsche Freundschaften und das
Wahren eines falschen Scheins, der nicht durchsickern lässt, dass
Courtneys Leben bzw. das ihrer Mutter längst nicht so golden und
glitzernd ist, wie die Schauspielerin es sich wünscht, sorgen dafür,
dass Courtney nie in der Realität ankommt.
Schon
im Internat zeigt sie depressive Züge. Von jeher Spielball der
Mutter, als eigenständige Persönlichkeit nicht wahrgenommen,
sondern nur schönes Beigepäck, sorgen dafür, dass Courtney sich
zunächst mehr und mehr zurückzieht und später ebenfalls hinter der
Mauer der eigenen Scheinwelt versteckt.
„Noch
am selben Abend hatte er beim Abendessen zu seiner Frau gesagt:
'Warum soll das Kind nicht schlafen, wenn es doch nichts hat, wofür
sich das Wachsein lohnt.'“
Autorin
Pamela Moore hat „Coktails“ im Alter von achtzehn Jahren
geschrieben und damit bahnbrechenden Erfolg gehabt. In den Fünfzigern
bekam der Roman Kultstatus. Doch all der Ruhm und Erfolg konnten
Pamela nicht davon abhalten im Alter von 26 Suizid zu begehen.
Die
Vermutung, dass Pamela Moore mit ihren Protagonistinnen Courtney und
deren Freundin Janet verschwimmt, liegt Nahe. Ihrem Suizid sind
ebenfalls Depressionen vorangegangen und so ist „Cocktails“
sicher auch ein wenig biografisch.
„Dergleichen
bekam Courtney schon seit frühester Kindheit immer wieder zu hören.
Man hatte ihr die Verantwortung übertragen, wie sie ein Kind niemals
haben dürfte, sie war mit Wahrheiten konfrontiert worden, von denen
ein Kind nichts wissen sollte, bis es sich von selbst entschließt,
aus dem Elfenbeinturm der Phantasie in die Tiefebene Babylons
hinabzusteigen.“
Dass
„Cocktails“ Kultstatus erreicht hat, liegt sicher nicht nur
daran, dass viele von Depression Betroffene sich im Roman
wiedergefunden haben, sondern vor allem auch daran, dass sie einer
ganzen Generation aus der Seele spricht. Courtney sieht viele Dinge
mit der Unbekümmertheit, die in der Jugend an der Tagesordnung ist.
Die den kindlichen Teil der Denkweise widerspiegelt, die sich gerade
auf dem Weg zum Erwachsen werden befindet. Auf der anderen Seite ist
die Schwermut, die Melancholie, die Jugendliche auf diesem
Lebensabschnitt begleitet, deutlich spürbar. Eine Melancholie, für
die es häufig keine Erklärung gibt, die aber immer wieder auftritt
und den Sog nach unten einleitet.
„Cocktails“
ist ein zeitloser Coming-of-Age Roman, der die Stimmung einer
Generation wiedergibt, die damit fertig werden muss, sich selbst zu
finden. Zwischen Glanz und Gloria, zwischen himmelhochjauchzend und
der Vorstellung, dass es unendliche Möglichkeiten gibt, treten
Weltschmerz, Frust, die Sehnsucht nach Liebe und Ängste, die schier
unbezwingbar scheinen. Im ersten Augenblick wirkt die Schreibe der
Autorin leicht und süffig wie ein Cocktail. Macht der Leser sich die
Mühe genau hinzuschauen, entdeckt er die ernste wie dramatische
Geschichte eines jungen Mädchens.
Buchinfo:
PIPER
(August 2015)
304
Seiten
Hardcover
mit Schutzumschlag
20,00
€
Originaltitel:
Chocolates For Breakfast
Übersetzung:
Tanja Handels
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