Jennifers Leben ist
das Laufen. Ohne Laufen fühlt sie sich nicht wohl. Es hilft ihr
Gedanken zu ordnen und sich zu finden. Aber es ist auch ihr Feind,
denn immer, wenn sie an einem Wettbewerb teilnehmen möchte, versagen
ihre Beine. Sie hätte das Zeug für Olympia, aber dieses Problem
macht ihr so sehr zu schaffen, dass sie drauf und dran ist, die
Flinte ins Korn zu schmeißen.
Ein junger Ire,
hübsch, nett, aber durch einen Unfall nicht mehr in der Lage selbst
zu laufen, nimmt sich ihrer an. Bietet ihr an, sie zu trainieren.
Durch ihn erfährt sie, dass sie nicht die erste Frau in der Familie
ist, die das Zeug zu einer Olympiateilnahme hat.
Schon ihre
Großmutter Alberta war eine begabte Sportlerin. Leidenschaftliche
Pferdenärrin und begabte Bogenschützin. Auf dem besten Weg zu Ruhm
und Ehre. Doch dann kommt der Krieg, der nicht nur ihr persönliches
Schicksal beeinflusst, sondern das ganzer Nationen, kultureller Güter
und eben auch das des Sports.
„Als der Himmel
uns gehörte“ hat sich schon jetzt einen Platz in der Liste meiner
Leshighlights 2016 ergattert. Obwohl mir bereits Charlotte Roths
Roman „Als wir unsterblich waren“ sehr gefallen hat, bin ich
völlig geplättet, wie gut die Geschichte der beiden Frauen ist, die
sich dem Sport verschrieben haben.
Roth, die eigentlich Charlotte Lyne heißt, aber auch noch unter dem Pseudonym Carmen Lobato schreibt, erzählt auf
verschiedenen Zeitebenen, die inhaltlich miteinander verknüpft
werden. Dadurch entsteht ein mitreißender Sog, der dafür sorgt,
dass ich die über 600 Seiten inhaliere. Leicht fliege ich durch die
Seiten und bemerke nicht, wie ich eine nach der anderen verschlinge.
So sehr interessieren mich die Schicksale der beiden Frauen, die sich
ähnlicher sind, als sie es vielleicht geglaubt haben.
Ganz besonders gern
bewege ich mich in der Vergangenheit. Alberta hat es mir angetan.
Fröhlich, mutig, sportlich und mit einem großen Herz, das manchmal
jedoch so übermütig ist, dass sie gar nicht merkt, dass sie anderen
auf die Füße tritt. Für sie jedoch die einzige Chance sich
durchzukämpfen, in einer Zeit, in der Menschen vom Wahnsinn
getrieben jegliche Realität und Gerechtigkeit aus den Augen
verlieren.
Ich liebe es wie
Charlotte Roth wieder einmal persönliche Geschichten mit
historischen Begebenheiten verknüpft. Ihre Protagonisten sind so
interessant konzipiert, dass ich sie gern begleite. Nicht nur
Alberta, sondern auch den sehr charmanten und erfrischenden James
Seaton-Carew, der Jungspund, der nichts ernst zu nehmen scheint,
außer die Liebe zu seinem Pferd und der ebenso von der Härte des
Kriegs getroffen wird, wie Hannes von der Weydt, Kavallerist und
Albertas erste Liebe.
Nicht nur
Protagonisten werden mit viel Leben gefüllt, sondern auch
Nebencharaktere. Roth verdeutlicht damit nochmals, dass jedes
menschliche Leben zählt, in einem Krieg, der Menschen als wertlos
deklariert. Wieder einmal schockiert mich die Tatsache, dass Menschen
aufgrund einer geringen optischen Andersartigkeit, aufgrund anderer
Glaubensvorstellungen, aufgrund anderer Denkweise, ausgestoßen und
umgebracht werden. Eine Tatsache, die immer und immer wieder
angesprochen werden muss, da es immer noch genügend Personen gibt,
die daraus nichts gelernt haben.
Besonders gefallen
hat mir die Verbindung zum Sport. Ich wusste zwar schon einiges über
die Historie des Reitsports, aber weniger über die des olympischen
Sports im allgemeinen. So sehr mich Mord und Totschlag des zweiten
Weltkriegs betrübt, so sehr schockiert mich auch immer wieder, dass
ebenso kulturelle Entwicklungen gehemmt wurden.
„Als der Himmel
uns gehörte“ bekommt von mir eine klare Leseempfehlung. Charlotte
Roth konnte mich mit ihrem Roman, der persönliche Schicksale zweier
interessanter Frauen und ihrer Leidenschaft zum Sport, mit
Weltgeschehen, insbesondere dem zweiten Weltkrieg, verknüpft,
restlos begeistern.
Buchinfo:
Knaur
(April 2015)
608
Seiten
Taschenbuch
9,99
€
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Liebe Nanni,
AntwortenLöschendanke für die Besprechung und vor allem für den Hinweis auf Roths Pseudonyme. Das hilft mir im Laden sehr viel weiter.
Falls Du von Olympia und dem Thema Sport noch nicht genug haben solltest: "Berlin 1936" von Oliver Hilmes fand ich schlichtweg großartig. Es ist eines meiner Lesehighlights in diesem Jahr.
Viele Grüße,
Friederike
Bitte gern ;)
LöschenIch glaube auch, dass es ein Buch ist, das man gut weiterempfehlen / verschenken kann, weil es sicher eine recht breite Masse an Lesern anspricht.
Danke für den Tipp. Ich hatte es schon ins Auge gefasst, fühle mich nun aber noch einmal bestätigt ;)
Liebe Grüße
Nanni