Berlin Ende der 1920er Jahre: Die junge Franka hat nur einen Wunsch – sie möchte Zoologie studieren. Ihre strengen Eltern und die Weltwirtschaftskrise machen ihren Traum zunichte, doch immerhin gelingt es ihr, eine Stelle als Tierpflegerin im Berliner Zoo zu bekommen. Die Arbeit mit den geliebten Tieren geht ihr über alles, ihnen schenkt sie ihre ganze Liebe – nicht den Menschen. Nur ganz allmählich fasst sie Zutrauen zu dem Tierarzt Carl, der vom Leben ähnlich gebeutelt wurde wie sie. Dann lernt sie den faszinierenden Adam kennen und lieben. Doch Adam ist Sinti, und inzwischen haben die Nazis die Macht in Deutschland ergriffen. Adams Leben ist in höchster Gefahr, und Franka ist bereit, für ihn zu kämpfen – und für ihre Tiere. Fortan weiß sie nicht mehr, wem sie trauen kann … (Text & Cover: © Droemer Knaur; Foto: © N. Eppner)
"Weil sie das Leben liebten" hat mich sehr aufgewühlt.
Vom ersten Moment an mochte ich Franka, die durch ihre Erfahrungen im näheren Umfeld gelernt hat, dass Tiere die besseren Menschen sind. Nichts wünscht sie sich sehnlicher, als Zoologie zu studieren und ihr Leben den Tieren zu widmen und mit ihnen zu teilen. Für ihren Vater ist das ein Skandal, denn schließlich ist sie ja "nur" ein Mädchen. Mädchen fügen sich ihrem Schicksal und vor allem den Wünschen des Vaters. Sie sind still, leise - möglichst unsichtbar. Studieren kommt nicht in Frage.
Nach einigen gemeinsamen Erlebnissen mit Franka, wechselt das Setting. Ich lerne Carl, den etwas verschrobenen Tierarzt und Tokeli, den wilden und ehrgeizigen Sinti, kennen und verliere mein Herz an diese beiden männlichen Protagonisten, die unterschiedlicher kaum sein könnten.
Tokeli möchte sein Leben nicht weiter in der Schublade verbringen, in die man ihn von Geburt an gesteckt hat. Er möchte Anwalt werden - eine Ungeheuerlichkeit für einen, der dem fahrenden Volk angehört. Doch Tokeli lässt sich nicht von Konventionen und Vorschriften abhalten. Dieser junge Mann, der das Leben liebt, macht das, was er möchte und nicht das, was von ihm erwartet. Er sprüht nur so vor Leben und es ist eine Freude ihn zu begleiten.
Immer im Hinterkopf: die historischen Ereignisse unseres Landes. Weder Tokeli, noch Franka, Carl oder der fröhliche Winnie wissen, was in naher Zukunft auf sie zukommt. Doch ich weiß es ganz genau. Ich weiß, was man mit Menschen macht, die nicht ins vorgeschriebene Raster passen. Die schwarz glänzendes Haar haben und Augen, die Feuer versprühen. Die sich nicht brav und still an den Herd stellen und sich für andere einsetzen, statt stillschweigend Ungerechtigkeiten hinzunehmen. Der Gedanke daran, dass diese wundervollen Protagonisten in den Wahnsinn des zweiten Weltkriegs geraten, hat mich Seite für Seite begleitet und ziemlich belastet.
"Hitler hatte die Welt mit Tod überzogen, und jetzt sah es so aus, als schlüge der Tod zurück und verschlinge sein eigenes Land." (S. 465)
Natürlich handelt es sich hier nur um fiktive Persönlichkeiten (einige der genannten Tiere hat es tatsächlich gegeben), aber genau solche Geschichten sind nun mal wirklich passiert. Menschen wurden umgebracht, weil ihre Hautfarbe, ihre Lebenseinstellung oder ihre Art zu wohnen nicht in ein Muster passten, das auf völlig absurden Behauptungen gegründet wurde. Um diesen Wahnsinn, der viele Millionen Menschen das Leben gekostet hat, nicht zu vergessen und damit auch dafür zu sorgen, dass er nicht wieder Fuß fassen kann, sind Bücher wie "Weil sie das Leben liebten" unglaublich wichtig.
Mir hat besonders gut gefallen, dass ein paar wenige Menschen im Fokus des Romans stehen. Dass ich als Leserin einige wenige Figuren sehr genau kennenlerne und dadurch einen engen Bezug zu ihnen aufbaue, der Grundlage dafür ist, dass ich den starken Wunsch verspüre, dass sie alle dem Wahn entkommen können.
Als Tierliebhaberin freue ich mich sehr darüber, dass Charlotte Roth den Berliner Tiergarten als Setting für ihren Roman gewählt hat. Zudem verdeutlicht sie damit, wie viele Unschuldige, nicht nur Menschen, sondern auch Tiere, dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen sind.
"Weil sie das Leben liebten" bekommt von mir eine dicke Leseempfehlung, da Charlotte Roth in der Lage ist, großartige Figuren zu kreiieren, eine emotionale Atmosphäre aufzubauen und gleichzeitig mit ihrer Geschichte an historische Ereignisse zu erinnern, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen.
Buchinfo:
Droemer Knaur (Juni 2016)
512 Seiten
Taschenbuch
9,99 €
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Guten Morgen!
AntwortenLöschenHach deine Rezension war mal wieder toll zu lesen. Ein Glück hat meine Mutter das Buch schon im Regal. Da kann ich mal rüber schauen und es mir ausborgen. ;) Bücher die den zweiten oder ersten Weltkrieg thematisieren sind zwar immer schwere Kost, aber ganz wichtig wie ich finde und ich lese sie auch gerne. Diese Ereignisse sollten niemals in Vergessenheit geraten, damit sowas nicht wieder passieren kann!
Liebste Grüße
Nina von BookBlossom
Liebe Nina,
Löschenvielen Dank für deine lieben Worte :) Freut mich sehr, dass dir meine Rezension so gut gefällt.
Ich finde es auch sehr wichtig Bücher zu diesem Thema zu lesen. Irgendwann gibt es keine Zeitzeugen mehr und dann geraten Gewalt und Hass in Vergessenheit, verlieren an Brisanz und kehren in dieser oder ähnlicher Form wieder. Ein schrecklicher Gedanke.
Hast du die anderen Bücher der Autorin auch schon gelesen? Mir hat bisher jedes Buch von Charlotte Roth richtig gut gefallen.
Liebe Grüße
Nanni