20.03.18

Was vom Sommer übrig ist | Tamara Bach




In diesem Sommer stimmt nichts für Louise. Die Eltern sind ihr noch fremder als sowieso schon und die Klassenkameraden auch, vor allem seit der Sache mit Paul. Und ihr eigentlich so guter Plan, den Job beim Ampelbäcker und das Zeitungsaustragen so einzurichten, dass sie die Fahrstunden schnell abhaken kann, scheitert in der Praxis kläglich. Vielleicht hätte sie zumindest ihrer Oma nicht noch versprechen sollen, auf ihren kurzatmigen Hund Bonnie aufzupassen.
Und dann ist da Jana, die mitten im Hochsommer auf einem Stromkasten sitzt und einen dieser kleinen, eingeschweißten Schokokuchen isst. Und die Louise auf einmal wie ein Schatten folgt, fast so, als erwarte sie von Louise, dass sie ihr zeigt, wie man lebt.
(Text & Cover: © Carlsen; Foto: © N. Eppner)


Tamara Bachs Schreibe ist sehr eigensinnig. Sie nutzt eine sehr reduzierte, ausdrucksstarke Sprache, die sich an keinerlei Konventionen stört und Brücken schlägt zwischen mehreren Gedankengängen und Grammatik. 

Ihre Sätze sind nicht linear, sondern rund und dadurch entsteht die Möglichkeit diese aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Sie setzt keinen Fokus in Form von "So isses und genau so sollst du LeserIn das verstehen", sondern lässt Spielraum. Freiheiten das in ihren Worten zu lesen, was aufgrund eigener Erfahrungen oder aus dem eigenen spielerischen oder auch engmaschigen Denken ausgelöst wird. 

Sie nutzt Sprache nicht nur, um eine Geschichte aufzuschreiben, um Handlungen aneinanderzureihen, sondern vor allem auch, um eine Tiefe in ihren Figuren aufzubauen, um diese entsprechend zu charakterisieren.

Da ist zum Beispiel die 17-jährige Louise, die sehr konservativ aufwächst, deren Leben in geordneten Bahnen verläuft, deren Leben so geregelt ist, dass es fremdbestimmt wirkt. Fremdbestimmt durch Ansprüche der Eltern, durch eigene Ansprüche, durch einen Weg, den sie irgendwann eingeschlagen hat und von dem sie nun nicht mehr abweichen kann. Tamara Bach nutzt für Louises Situation häufig die Perspektive der dritten Person. Man spricht über Louise, aber nicht mit ihr? Hat sie überhaupt noch eine eigene Meinung?

Im Gegensatz dazu ist Janas Leben ziemlich kontrovers. Sie würde sich wünschen, dass ihre Eltern ihr mehr Beachtung schenken, doch alles dreht sich um ihren Bruder, der auf der Intensivstation liegt und unbewusst soviel Aufmerksamkeit fordert, dass für Jana nichts mehr übrig bleibt. Sie geht gerade ziemlich allein durchs Leben, versucht irgendwo Halt zu finden, anzuhalten, was unaufhaltbar ist. Leider sucht sie sich die falschen Anker und bleibt trotz aller Versuche gesehen zu werden genau so unsichtbar wie Louise. 

Den Titel "Was vom Sommer übrig ist" finde ich extrem passend, denn genau darum geht es letztendlich im Leben von Lousie und Jana. Sie sollten sich nicht damit auseinandersetzen müssen, wie sie dem Zahnrad der Konventionen entkommen, und auch nicht damit wie sie dringend notwendige Aufmerksamkeit bekommen können, sondern einfach - wie es sich für Teenager gehört - den Sommer genießen. Zeit mit Freunden verbringen, auch mal über die Stränge schlagen, verrückte Dinge tun und von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang wach bleiben. Ob ihnen das noch gelingen wird? Sommer ist immer das, was du daraus machst. Und der Verlauf deines Lebens liegt in deiner Hand. 


Buchinfo:

Carlsen (2012)
144 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
12,99 €
Taschenbuch 
6,99 €

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Rezension © 2018, Nanni Eppner

2 Kommentare:

  1. Ich bin bei dir schon auf Instagram auf die Bücher aufmerksam geworden, nach deiner Rezension werde ich die Autorin definitiv im Hinterkopf behalten!

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    1. Oh ja, mach das. Prinzipiell spricht sie ja auch genau deine Altersgruppe an. Aber zum Glück kann ich mich noch gut daran erinnern, wie das damals so war ... ;)

      Liebe Grüße,
      Nanni

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