16.11.18

Barbarentage | William Finnegan




Vor fünfzig Jahren verfällt William Finnegan dem Surfen. Damals verschafft es ihm Respekt, dann jagt es ihn raus in die Welt – Samoa, Indonesien, Australien, Südafrika –, als Familienvater mit Job beim New Yorker dient es der Flucht vor dem Alltag … Barbarentage erzählt die Geschichte dieser lebenslangen Leidenschaft, sie handelt vom Fernweh, von wahren Abenteuern und den Versuchen, trotz allem ein Träumer zu bleiben. Ein Buch wie das Meer, atemberaubend schön.
(Text & Cover: © Suhrkamp; Foto: © N. Eppner)


Ein Buch übers Surfen lesen, obwohl ich ein Kind des Waldes und der Berge bin und mit dem Meer gar keine Verträge habe? Das nennt man wohl einen Blick über den Tellerrand. Einer, der sich gelohnt hat.

Auch Finnegan kommt eher zufällig zum Surfen. Es ergibt sich eben so. Und dann kommt er nicht mehr davon los. Die Frauen, die er liebt, die Menschen, denen er seine Freundschaft schenkt, wechseln, aber das Surfen bleibt. Klingt nach kitschig-romantischen Vorstellungen eines Traums, der ein lockeres Leben beinhaltet, geprägt von keine Lust auf Arbeit und nur Vergnügen im Sinn. Ist es aber nicht.

Es ist eine Leidenschaft, eine Sucht, die Finnegan überkam und ihn seitdem nicht mehr loslässt. Egal wohin er geht. Es ist das was ihn am Boden hält. In die Realität zieht und gleichzeitig dabei hilft zu entfliehen, wenn die eigenen Probleme zu schwer auf den Schultern lasten. Wenn Ignoranz verblendet und Ereignisse der Welt schneller mitreissen, als Finnegan in der Lage ist ein eigenes Urteil zu bilden.

Schon lange, bevor er Berichterstatter in Kriegsgebieten wird, ist er mit Krisen konfrontiert. Rassismus auf Hawaii, Apartheit in Südafrika, der Stimmung des Vietnamkriegs etc. Er muss hart für seinen Lebensunterhalt arbeiten und genauso hart für die Ausbildung der eigenen Identität inmitten all dieser belastenden Szenen.

Die Idole seiner Jugend sterben - Hendrix, Morrisson, Joplin - und hinterlassen ein Loch, dass er wie viele andere auch, mit dem Verlust und der Suche nach einer eigenen Identität füllen muss. Es ist das Surfen, das ihm eine Orientierung bietet. Das ihn fast umbringt, aber auch am Leben hält. Dafür sorgt, dass er immer wieder aufsteht.

Maria aus dem Ocelot Berlin hat auf Instagram über das Buch geschrieben, dass es eine Art Entschleunigung ist, "Barbarentage" zu lesen. Ja genau - so ist es! Finnegans Sprache ist nichts besonderes. Ist einfach, klar, ruhig. Bindet mich an ein Thema, das mich bisher gar nicht interessierte und nimmt mich mit in Zeiten für deren Ereignisse, für deren Gefühle, ich noch zu jung bin. Ich fühle mich informiert und unterhalten. Lasse mich anstecken von Finnegans Leidenschaft für seine Leidenschaft. Nur Surfen möchte ich nach wie vor nicht.


Buchinfo:

566 Seiten
Taschenbuch
18,00 €
ÜBERSETZUNG: Tanja Handels


Rezensionen: © 2018, Nanni Eppner

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