Faina hat das Abi hinter sich. Endlich weg aus der miefigen Kleinstadt, fort von der analytischen Psychiaterin-Mutter, die alles zu durchschauen scheint. Endlich nach Berlin, wo alles so flatterhaft, kirschsaft-flirty und funky-glitzernd ist. Das Studium an der Kunsthochschule kann warten. Faina stürzt sich in die Großstadt: Freiheit, Nachtleben, Kultur und hemmungslose Liebe. Denn da ist Julian. Der angehende Performancekünstler, der so aufregend anders ist, mit dem alles so intensiv ist, dem Faina verfällt. Sie ist wie in Trance. Und dann der Schock: Julian verliebt sich in ihre beste Freundin Nike und verrät ihre Verbindung. Rasend vor Wut und Enttäuschung verwüstet Faina Julians Wohnung und tilgt die beiden wichtigsten Menschen aus ihrem Leben. Doch dann geschieht ein Unfall, der ihre Beziehung unter neue Vorzeichen stellt.
(Text & Cover: © S. Fischerverlage; Foto: © N. Eppner)
Der Titel "Meine beste Bitch" gefällt mir nicht so gut. Der Inhalt des Romans dafür umso mehr. Es ist Fainas Geschichte des Erwachsen werdens. Diese spannende Suche nach der eigenen Persönlichkeit, das Ausleben von verrückten Ideen, der Weg an Grenzen und darüber hinaus. Der Wunsch nach Zugehörigkeit und zeitgleicher Abspaltung von den Eltern und dem "Normalen" Individuell sein, ins Auge stechen, aber nicht auffällig sein. Ein schwieriges Entwicklungsstadium an das ich mich noch gut erinnern kann.
Eine Zeit, die wir alle früher oder später mehr oder weniger intensiv durchleben und die deshalb ganz häufig Thema in Jugendromanen ist. Wie gelingt es Nataly Elisabeth Savina ihren Roman herauszuheben?
Der Erzählton ist nicht besonders auffällig, wenngleich sie auch so gut ist, dass ich den Roman in Kürze verschlungen habe. Eingängig, lässig, aber mit Niveau. Nicht banal, nicht künstlich, spricht Savina nicht nur die Altersstufe ihrer Protagonisten an, sondern auch mich, die ich schon einige Jahre älter bin, als Faina, Nike und Julian.
" 'Geist, Seele, Gehirn, hinter jedem einzelnen Wort verbirgt sich ein komplexe Welt - jeder Begriff ist an sich schon ein Gedicht. Die Normalität ist kein Zustand, sie ist nur eine Behauptung. [...]' " (S. 90)
Womit Savina mich fesseln konnte, sind die Möglichkeiten, die sie in den Raum wirft. Entsprechend Fainas Wunsch nicht zur Norm zu gehören und sich damit von ihrem Umfeld, Eltern, Lehrer etc. zu distanzieren, entspricht auch der Verlauf der Geschichte nicht der Norm. Savina beschreibt Handlungen und lässt trotzdem ganz viel Raum für eigene Gedanken. Es schwingt immer ein "aber es könnte auch" oder "was wäre wenn" mit. Ganz bewusst spricht sie nicht alles an, was möglich wäre, sondern überlässt es meinen eigenen Gedanken, was ich im Roman sehen möchte. Manchmal kommt es auch einfach darauf an, wessen Perspektive ich einnehme. Mit wem ich gerade sympathisiere
Faina z.B hat das Gefühl, dass sie einzig mit Nike glücklich sein kann. Dass Nike ihre beste Freundin ist, weil sie mit ihr sein kann, wie sie wirklich ist. Aber ist diese "wirkliche" Identität auch die, die gut für Faina ist? Und besteht lediglich eine Freundschaft oder ist es Liebe, die zu Handlungen treibt, die eine Gradlinigkeit des Lebens durcheinanderwirbeln. Und ist dieses Durcheinanderwirbeln positiv oder negativ?
" 'Wir suchen uns aus, was wir glauben wollen. Und leben das, was wir glauben wollen. Das macht uns aus. Deshalb darfst du nie etwas Schlimmes über dich denken. Jeder kann sein eigenes Leben verhexen oder verzaubern. Nur mit der Kraft der eigenen Psyche." (S. 234)
Ich mag es sehr, dass mir so viele Möglichkeiten eröffnet werden. Dass ich verschiedene Wege einschlagen kann. Dass meine Gedanken gefordert und bespielt werden. Dass Savina gegen Eintönigkeit arbeitet. Damit setzt sie stilistisch das um, was uns Jugend, was uns genau diese Zeit, in der wir auf der Schwelle zum Erwachsen werden stehen, bietet: eine Vielzahl an Pfaden, die alle zu einem Ziel führen. Dazu, dass Erfahrungen und Erlebnisse uns prägen und unsere Persönlichkeit bilden.
Leseempfehlung für "Meine beste Bitch".
Buchinfo:
S. Fischerverlage (2018)
288 Seiten
Hardcover
16,- €
Rezension: © 2018, Nanni Eppner
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