Gretes Zufluchtsort ist die Natur, vor allem das Gebiet in der Marsch, wo sie als Vogelwartin arbeitet. Ihr ganzes Leben hat sie hier verbracht: Erst kümmerte sie sich um ihre Tochter Anne, dann brauchte ihre Mutter Wilhelmine zunehmend Unterstützung mit Haus und Hof. Jetzt, kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag, bietet sich eine Chance, aus den gewohnten Bahnen auszubrechen.
Doch als Wilhelmine stürzt, gerät Gretes Plan ins Wanken. Ihre jüngere Schwester Freya reist aus Berlin an. Will sie wirklich helfen oder vielmehr ihrem eigenen Leben entfliehen? Auch Anne ist gekommen, um der geliebten Oma nahe zu sein. Doch das Verhältnis zu ihrer Mutter Grete ist angespannt – vielleicht weil Grete bis heute beharrlich darüber schweigt, wer ihr Vater ist. Und auch Wilhelmine wahrt noch ein Geheimnis und muss bald entscheiden, ob sie es mit ins Grab nehmen möchte.(Text & Cover: © Rowohlt; © N. Eppner)
Es ist immer wieder faszinierend, dass wir alle unsere Geister mit uns tragen. Geschichten aus der Vergangenheit, ungesagte Worte der Gegenwart, Träume, Sehnsüchte, Wünsche an die Zukunft. Unausgesprochen, dick verpackt wird daraus eine Mauer, die uns von den Menschen trennt, denen wir Nahe stehen. Von denen wir geliebt werden wollen, deren Ablehnung uns aber so sehr ängstigt.
So geht es auch den Frauen in Wilhelmines Familie. Als sie stürzt und immer offensichtlicher wird, dass ihre Zeit abläuft, dass ihr die Kraft fehlt einen weiteren Kampf auszustehen, nach all dem was ihr in der Vergangenheit das Leben erschwerte, kehren ihre Tochter Freya und Enkelin Anne heim. In das Haus ihrer Kindheit, das nur noch von Wilhelmine, ihrer Ältesten Grete und sehr viel Kälte bewohnt wird. Wilhelmine wünscht sich Grete näher zu sein, wünscht sich ihr sagen zu können, wie sehr sie ihre Tochter liebt und bewundert. Aber sie kann es nicht. Sie weiß einfach nicht wie.
Für Grete ist die Familie das wichtigste im Leben. Für Mutter und Tochter steckt sie all ihre eigenen Bedürfnisse, ihre Wünsche zurück. Verliert sich selbst und gewinnt doch nicht so Recht, denn die eigene Tochter fühlt sich missverstanden und wendet sich eher ihrer Tante Freya zu, obwohl die doch alle im Stich ließ. Mit ihrer Flucht nach Berlin.
Dass Anne und Freya etwas verbindet, nämlich Orientierungslosigkeit, die Freya sehr gut hinter der Fassade der Businessfrau versteckt, sieht Grete nicht. Auch nicht Freyas und Annes Angst nicht geliebt zu werden, die auch diese beiden so blockiert, dass gefühlt jede der Frauen ihren eigenen Kampf kämpft.
Das ist so nah an der Realität. So nah an den Glaubenssätzen, die uns einschränken, die uns als Kinder vermittelt oder die uns als Erwachsene davon abhalten uns verletzlich, echt und nahbar zu zeigen.
Romy Fölck hat einen Roman geschrieben, der mich sehr berührte und gleichzeitig wie eine warme Decke über mich bereitete. "Die Rückkehr der Kraniche" ist tatsächlich so gut wie alle sagen. Fölcks Schreibe ist so harmonisch, empathisch, dass ich überlege sogar ihre Krimis zu lesen (als Nicht-Krimileserin). Ihrem feinen Sinn für das Zwischenmenschliche möchte ich unbedingt wieder begegnen.
Buchinfo:
336 Seiten
Hardcover 22,00 €
Rezensionen: ©2022, Nanni Eppner
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