"Tatsächlich war die Matratze bemerkenswert komfortabel. Die Federn quietschten und schepperten nicht, sondern schnurrten wie ein Kätzchen, die Mittelzone lag üppig und in praller Weichheit im Rahmen und verlockte dazu, sich fallen zu lassen."
Die Matratze, Hauptfigur des kleinen, aber eindringlichen Romans von Tim Krohn, kommt zum ersten Mal in der Hochzeitsnacht des jungen Paares Immanuel und Gioia Wassermann zum Einsatz. Von den Zeichen der verlorenen Jungfräulichkeit der junegn Braut befleckt, fordert diese beschämt die Matratze mitzunehmen. Ein elange Reise nimmt ihren Lauf.
Die Matratze durchlebt viele verschiedene Stationen. Mal Liebesnest, mal Schutz, mal Geborgenheit und Wohlgefühl. Doch immer vor dem Hintergrund, dass nicht nur die Matratze beschädigt wurde, sondern auch die Leben derer, die sie nutzten. Die Reise beginnt in den 30er Jahren, durchlebt die Wirren des ersten Weltkriegs, die noch lange nach Kriegsende zu spüren sind.
"Die Matratze, behauptete sie, als sie losfuhren, sei eine Schatzkarte, der Fleck kennzeichne eine schiffsladung peruanisches Gold, Raubgut venezianischer Seefahrer, das dort in einem Gefecht versunken sei."
Tim Krohn hat einen sehr kurzen Roman geschrieben, der mit einer spannenden Grundidee überzeugt. Die Matratze als Hauptfigur, glücklicherweise jedoch nicht als Erzähler der Geschichte, um so verschiedene Stationen Europas während Krisenbelasteter Zeiten darzustellen. Der Augenmerk liegt auf einzelnen Schicksalen, verbunden durch die Matratze, jedes einzelne für sich von einer gewissen Dramatik, die beim Leser Betroffenheit auslöst.
Mit wenigen Sätzen und einem irgendwie verrückten und doch nah an der realität gebauten Konzept, hat Autor Tim Krohn es geschafft ein Werk zu verfassen, das sich von der breiten Masse abhebt und trotz minimalem Umfang ganz groß auf den Leser einwirkt. Eine Leseempfehlung für alle, die sich für das Leben anderer interessieren.
Buchinfo:
Galiani Berlin (Februar 2014)
128 Seiten
16,99 €
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