Hattie und August sind noch sehr jung, als sie sich ineinander verlieben. Die Verlockung des Verbotenen, die Beziehung vor Hatties Mutter geheim zu halten, führt sie immer wieder zusammen. Als die Liebelei zwischen den Beiden publik wird, vergeht Augusts Interesse und Hattie ist gekränkt, da sie nun mehr und mehr voneinander entschwinden. Doch dann bemerkt Hattie, dass sie von August schwanger ist und beide tun das, was die Vernunft ihnen rät. Sie heiraten.
"Andererseits musste sie immer, wenn ihre Familie versammelt war, an wilde, allein lebende Tiere denken, die man zusammengepfercht und eingesperrt hatte, wie Leoparden in einen Käfig."
Eine Schwangerschaft folgt der Nächsten. Ein Kind nach dem Anderen erblickt das Licht der Welt im Hause des Ehepaars, das doch eigentlich viel mehr Hatties Reich ist. Ein Reich, in dem sie Oberwasser hat, Entscheidungen trifft, aber auch ums Überleben kämpfen muss. Rassentrennung, Rassismus und Unterdrückung erschweren der Familie das Leben, das sie eigentlich führen könnten, fleißig und strebsam wie sie sind.
"Was ist, dachte er, wenn Hattie keine weiteren Kinder lieben konnte? Vielleicht haben wir nur eine begrenzte Menge von Liebe zu vergeben. Wir kommen mit einer festen Portion Liebe auf die Welt, und wenn wir lieben und nicht wiedergeliebt werden, erschöpft sich die Liebe."
Hattie und August leben aneinander vorbei. Sie immer in Anspannung, in Angst und Sorge um ihre Kinder, dass diese ausreichend Essen haben und nicht untergehen, in der Gesellschaft, in den Unruhen der Zeit. Für Liebe fehlt da die Kraft. Alle Energie wird in die Kinder gesteckt. Weder für August noch für die Nachkommen ist Zärtlichkeit übrig und so sucht sich jeder Spross seine eigene Art der Zuneigung. Ob Musiker, Prediger oder Ehefrau, die ganze Familie leidet unter der Belastung einer Ehe, in der zwei Menschen einfach nicht zueinander gefunden haben. August, der immer versucht das Beste daraus zu machen und die Kinder nicht spüren zu lassen, wie hart ihr Leben wirklich ist und Hattie, die kämpft und kämpft und kämpft.
"Ein besseres Leben, das sollte auch bedeuten, dass ein Kind etwas tun konnte, was keinen besonderen Zweck hatte, sondern ihm einfach nur Freude machte."
Der Verbund der Familie besteht aus so vielen eigenen Köpfen, eigenen Denkweisen und Blickwinkeln, dass ein und dieselbe Sache aus verschiedenen Perspektiven gesehen wird. Dies zeichnet Autorin Ayana Mathis in ihrem Debüt "Zwölf Leben" sehr deutlich ab. Immer wieder kommt sie auf den Punkt zurück, in dem der Ursprung aller Kinder und deren Lebenswege ist: Hattie. Jeder einzelne ist unterschiedlich geprägt, von dem was Hattie, was sie und August als Paar und auch die Familie als solche, durchgemacht haben. Von 1925 - 1980 begleiten wir diese und erleben wie sehr nicht nur die Gene, sondern erlebtes Verhalten für das verantwortlich ist, was aus uns wird.
" 'Stolz ist der Grund für den Niedergang vieler Menschen. Irgendwann musst du dich umdrehen und gucken, was es ist, wovor du wegläufst.' "
"Zwölf Leben" ist für mich an manchen Stellen etwas langatmig. Es fordert den Leser, er muss sich auf eine Geschichte wie diese einlassen, die wenig Wärme ausstrahlt und irgendwie auch farblos wirkt. Doch damit trifft Ayana Mathis genau den richtigen Ton für eine Geschichte dieser Art. Ich denke sie will kein falsches Mitleid, keine Beschönigungen, sondern einfach nur davon erzählen wie schwer es für ihre Ahnen einmal war. Wichtig, dies nie zu vergessen, denn diese Zeiten sollten nie wieder kehren.
Buchinfo:
Übersetzerin: Susanne Höbel
Huhu Nanni,
AntwortenLöschendas Buch klingt, als hätte es VIEL mehr Seiten als 368 :-) Schon wenn man die Zeitspanne sieht, in der sich die Geschichte abspielt. Dabei ist das Thema ja wirklich interessant, denn ich denke, dass es in nicht wenigen Familien so ähnlich (nach dem Vernunftprinzip) abläuft. Leider!
Grüß dich lieb!
Damaris
Hallo Damaris,
Löschenja das stimmt. Und trotzdem bringt die Autorin ihre Aussagen genau auf den Punkt.
Ich denke auch, dass es vielen Familien so geht. Hier kommt dann einfach noch dazu, dass Hattie und August gar keine anderen Möglichkeiten haben. Wenn August Arbeit bekommen könnte, dann müsste Hattie nicht so sehr mit dem Haushaltsgeld kämpfen, könnte fröhlicher sein und es wäre nicht so eine angespannte Stimmung zwischen Beiden. Ein Teufelskreis, der sicher dadurch verstärkt wird, dass sie in einer schwierigen Zeit groß geworden und eine Familie gegründet haben. Wobei sich auch deutlich zeigt, dass jede Generation, jedes Zeitalter seine eigenen Probleme hat. Es gibt also so gar keine "gute alte Zeit" oder "schlechte alte Zeit".
Liebe Grüße Nanni
Den Roman hatte ich neulich in einer Buchhandlung in der Hand, konnte ihn aber nicht so recht einschätzen. Danke für deine ausführliche Rezension - es klingt nach einer interessanten Lektüre!
AntwortenLöschenHallo,
Löschenich könnte mir gut vorstellen, dass es ein Roman für dich ist :)
Ein wirklich interessantes Buch über Familie, Werte und die Widrigkeiten des inneren und äußeren Umfelds. (Warum hab ich das nicht in meiner Rezi geschrieben ??)
Liebe Grüße Nanni