18.11.14

Wörter auf Papier / Vince Vawter

Wörter auf Papier

"Als Kind sollte man sich doch aussuchen dürfen, woran man denkt, und jedes Wort sagen können, das man will. Für mich galt beides nicht."

Ein 11-jähriger Junge der stottert ist ein Protagonist, der aus dem Leben gegriffen wurde. Aus dem Leben des Autors um genau zu sein, denn der hat als Kind selbst gestottert und weiß, wie es sich anfühlt Worte im Kopf zu tragen und sie nicht heraus zu bekommen. Der Name des Jungen bleibt uns bis zum Ende unbekannt, aber wir Leser wissen, er ist ein bisschen Vince Vawter und ein bisschen jedes Kind, das mir stottern kämpft.

"Wenn der Trainer so was sagte, dann fühlte ich mich , als wäre ich wer und nicht bloß ein Junge, der nicht richtig sprechen kann."

Zu stottern bedeutet jeden Tag ganz viel Mut aufbringen zu müssen. Jeder Tag stellt neue Herausforderungen Wörter zu finden, sie sich aussprechen lassen und Menschen, die geduldig sind. Besonders schwierig wird es, wenn man während der Abwesenheit des besten Freundes dessen Zeitungsroute übernimmt und völlig fremden Menschen verständlich machen muss, wer man ist und was man möchte.

"Man könnte sagen, Maschine schreiben ist gemogelt, aber ich muss die Wörter auf Papier sehen, damit ich sicher sein kann, alles ist so passiert, wie sich mein Gehirn erinnert. Ich traue Wörtern auf Papier mehr als Wörtern in der Luft."

Während dieser zwei besonderen Wochen seiner Ferien erkennt er, dass fast jeder Mensch auf irgendeine Art ein Geheimnis hat. Nicht nur die Personen, die auf seiner Zeitungsroute wohnen, sondern auch seine Eltern und das Kindermädchen Mam, das seine engste Bezugsperson ist. Jeder von ihnen hat seinen eigenen kleinen Kampf auszufechten und muss auf seine eigene Art mutig sein. Er lernt, wie sehr es sich lohnt hinter die Fassade zu schauen, weil es einfach in jedem Menschen unheimlich viel zu entdecken gibt.

Foto: Samstagabend, Lesezeit :) Machs mir jetzt mit "Wörter auf Papier", Zimtschnecken (selbstgemacht, da mich vorhin eine unbändige Zimt-Lust erfasst hat) und Chai Tee :)
Und ihr so?

"s-s-s-s-Ich hab mehr Angst s-s-s-s-vor Wörtern als vor s-s-s-s-Löwen."

Angesiedelt ist die Geschichte des Romans "Wörter auf Papier" im Jahr 1959. Nicht nur stottern, für das es zu diesem Zeitpunkt noch wenig Therapiemöglichkeiten gibt, ist ein Problem, sondern auch die Ausgrenzung farbiger Mitmenschen. Wie unverständlich es ist Menschen aufgrund ihres Aussehens oder einer Eigenart auszugrenzen, verdeutlicht Autor Vince Vawter auf sehr eindrucksvolle Art, indem er seinen Protagonisten ganz offen und auf unsanfte Weise mit diesen Themen konfrontiert. Seine Gefühle - sei es Bestürzung, sei es Wut oder Angst - sind so echt, so glaubwürdig, dass der Roman mit wenig Schnörkel und klaren Worten den Leser sehr stark berührt und zum Nachdenken anregt.

"Kinder müssen manchmal kein Wort sprechen, weil sie alles mit einem Lächeln sagen können."

Vince Vawter hat seine eigene Biografie, die sicher von vielen Ängsten und Hürden geprägt ist, zu einem Roman über Mut und Toleranz verarbeitet. Ein Protagonist, der ein Vorbild für Jung und Alt sein kann, weil er sich seinen Ängsten stellt, aber sich auch eingesteht, dass er welche hat und beweist, dass ein Mensch nicht auf eine Eigenschaft reduziert werden sollte. Ein Roman, der trotz der Sprechschwierigkeiten von Autor und Hauptfigur über ganz tolle Worte verfügt und sich eine Reihe von Geschichten einreiht, die ganz große Klasse sind und über Generationen ein Lesehighlight sind.

Buchinfo:

 
Königskinder (Oktober 2014)
288 Seiten
16,90 €
ab 12 Jahren
Übersetzer: Ingo Herzke


2 Kommentare:

  1. Huhu :)

    Schöne Rezension, die du da geschrieben hast! Wär's okay für dich, wenn ich die mit einem kurzen Zitat unter meiner Rezi zum Buch verlinken würde?

    LG
    Rike

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    1. Hallo Rike,

      vielen Dank :)
      Über eine Verlinkung + Zitat würde ich mich sehr freuen.

      Liebe Grüße,
      Nanni

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Nanni