10.04.15

Sternschnuppenstunden / Rachel McIntyre



"[...] Gut, mich hat vielleicht noch nie ein Model-Scout angesprochen, aber genauso wenig zerspringen Spiegel in tausend Stücke, nur weil ich reingucke. Ich bin kein Monster, kein Freak und auch keine hässliche Schlampe, ganz egal was sie sagen."

Lara ist fast 16 Jahre alt, hat die längsten Beine ihrer Klasse, womit sie sogar einige der Jungs aus der Nachbarschule überragt, rote Haare und ist eine sehr gute Schülerin. All dies scheinen für ihre Klassenkameradinnen der Mädchenschule Gründe zu sein, Lara aufs übelste zu mobben. Ihr Nachname Tittle tut sein Übriges dazu. Dabei ist es Zuhause eigentlich schon schlimm genug, seit Dad arbeitslos ist, das Geld immer knapper wird. Selbst Mums Job als Putzfrau bei der Familie von Laras ärgster Peinigerin bringt eher Negatives mit sich, als irgendetwas zu beheben. Einziger Lichtblick in Laras Leben ist der junge neue Lehrer Mr. Jagger. Er scheint Laras Potential zu erkennen und vielleicht sogar noch ein bisschen mehr.

"Als Beweis dafür, dass das Leben alles andere als fair ist, muss man sich mittlerweile bloß mal Mum und Dad angucken - ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr Antimärchen noch ein Happy End findet.
Oder meines.
Eher gründe ich eine WG mit den sieben Zwergen, als dass ich jemals einen Prinzen kriege."

Autorin Rachel McIntyre lässt ihre Protagnoistin Lara ganz schön leiden. Als Opfer von Mobbing, das sich nicht nur verbal, sondern auch in Gewalt ausdrückt, nimmt ihr Selbstbewusstsein mehr und mehr Schaden. Durch die häusliche Situation, die Probleme der Eltern miteinander und dem Kampf darum, überhaupt die Familie ernähren zu können, bleibt keine Zeit, ja nicht mal ein Blick für Laras Probleme. Sie ist ein Einzelkämpfer, was es schier unmöglich macht, aus der Situation wieder herauszukommen.

"Langsam wird mir klar, dass das Schlimmste am Armsein nicht die ollen Klamotten sind, sondern der Schaden, den die Familie dabei nimmt. Die vielen Streits und das Unglücklichsein, die schwindende Hoffnung, das ist es, was Mum und Dad fertigmacht. Und ich fürchte, selbst wenn wir morgen im Lotto gewinnen würden , hätten wir uns alle schon zu tief im Sumpf verirrt, um jemals wieder zurückzufinden."

Erzählt wird aus Laras Perspektive, in leicht sarkastischem und lockerem Ton. Das führt dazu, dass man regelrecht durch die Geschichte hindurchfliegt, unterstreicht aber auch noch mal die Brutalität der anderen Jugendlichen. Laras Leidensweg ist - leider - sehr realistisch und wird von der Autorin auch mit all seinen Facetten geschildert. Wie leicht wird Mobbing übersehen, wie viele sehen aber auch gewillt weg, ohne zu erkennen, dass der Jugendliche nicht nur einen direkten Schmerz erfährt, sondern für sein Leben geprägt ist.

"Sternschnuppenstunden" ist ein Roman, der den Leser auf verschiedensten Wegen schockiert. Der Augen öffnen kann und trotz seiner Schmerzlichkeit ein sehr schönes Buch ist. Die Geschichte der sehr sympathischen Protagonistin Lara, die ihre eigene Schönheit und Wertigkeit gar nicht erkennen kann, weil man ihr immer Gegenteiliges einredet, ist nah an der Realität konzipiert, was sich am Ende des Romans noch einmal verstärkt. Ein Roman, der Jugendliche wie auch Erwachsene für Mobbing sensibilisiert und trotz seiner Härte sehr schön zu lesen ist.

Buchinfo:


Magellan (2015)
304 Seiten
Hardcover mit Aufkleber
16,95 €
Übersetzung: Jessika Komina und Sandra Knuffinke


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