Tine und ich haben gemeinsam das letzte Halbjahr Revue passieren lassen und für euch die Bücher zusammen geschrieben, die uns im Gedächtnis geblieben sind. Daraus haben wir unsere persönliche Top 5 und ein kleines Fazit für euch erstellt:
Nannis Top 5:
Im ersten
Halbjahr des Jahres 2015 habe ich 70 Bücher gelesen. Im Schnitt sehr viel mehr
Romane, die mir gut gefallen haben, als welche, die mich so gar nicht
begeistern konnten. Ein paar wenige mochte ich so gern, dass sie einen
besonderen Platz einnehmen werden bzw. schon häufig von mir weiter empfohlen
wurden. Am meisten freue ich mich darüber, dass ich wieder mehr Bücher aus dem
Genre Fantasy gelesen habe. Dieses Genre habe ich im letzten Jahr leider sehr
vernachlässigt, obwohl es schon lange eins meiner liebsten ist.
Von all
den Büchern, die ich von Januar bis Juni gelesen habe, sind mir sieben mehr in
Erinnerung geblieben als andere. Für euch habe ich daraus meine „Top Five“
ausgewählt.
„Jäger“ / James Salter:
Der Tipp
einer Bekannten hat sich als echte Herzensangelegenheit entpuppt. Salters
Roman, der schon ein wenig autobiografisch von seiner Zeit als Soldat erzählt,
konnte mich mit unglaublicher Atmosphäre und sprachlichem Geschick des Autors
so sehr begeistern, dass direkt weitere Bücher des leider vor kurzem
verstorbenen Amerikaners bei mir eingezogen sind.
„Die Erfindung der Flügel“ / Sue
Monk Kidd
Ein sehr
bewegender Roman über die Sklaverei in Amerika, der mit den Charakteren Sarah
und Angelika Grimké über zwei historisch belegte Figuren verfügt, die als
Revolutionärinnen gegen die Sklaverei agierten. Durch die wechselnde
Erzählperspektive zwischen Sklavin und deren „Besitzerin“ wirkt die Geschichte
noch eindringlicher auf den Leser, als sie aufgrund ihres Themas sowieso schon
ist.
Die „Ryria“-Reihe / Michael James
Sullivan
Es hat mich wieder gepackt, das
Fantasy Fieber. Mitschuldig sind zwei Protagonisten, die mir sofort ans Herz
gewachsen sind: Hadrian und Royce, zwei ehemalige Diebe mit viel Herz, Charme
und Charakter. Ihren Abenteuern zu folgen ist für mich jedes Mal ein Vergnügen.
„Der Tiger in meinem Herzen“ /
Patricia McCormick
Wer weiß,
was „die roten Khmer“ sind? Und noch viel wichtiger: was sie ihren Mitmenschen
schlimmes, menschenunwürdiges und verachtendes angetan haben? Ich wusste es
nicht, aber ich weiß, dass Patricia McCormick sich mit Themen auseinander
setzt, die von anderen gemieden werden. Die bedrückend und so berührend sind,
dass sie sich im Kopf festsetzen. So auch in „Der Tiger in meinem Herzen“, das
die Geschichte von Arn Chorn-Pond erzählt, der mitten unter seinen
kambodschanischen Mitmenschen war, als dort 1975 der Völkermord, die Revolution
der roten Khmer begann.
„Königsschwur“ / Joe Abercrombie
In
„Königsschwur“ bin ich zu einem extrem spannenden Abenteuer voller
überraschender Wendungen aufgebrochen. An meiner Seite ein junger Prinz, den
man um seinen Thron betrogen hat und der mit all seinen Charakterschwächen nach
Rache sinnt, und eine kleine Armada an ehemaligen Sklaven zweifelhafter
Herkunft.
Tine: Mir fällt auf, dass es in drei deiner Top 5-Bücher jeweils auch um sehr
bewegende Themen wie Völkermord, Sklaverei und das Soldatendasein geht. Suchst
du dir bewusst solche Bücher aus oder finden die Geschichten dich?
Nanni: Teils, teils. Auch wenn mich solche Themen sehr bedrücken
und manchmal auch verängstigen, finde ich es wichtig sich nicht davor zu
verschließen. Themen wie diese sollten populär gemacht werden, denn es
geschieht viel zu viel Leid, das einfach so untergeht. Aufklärung finde ich
wichtig.
"Der Tiger in meinem Herzen" ist auf meiner Leseliste gelandet, da
ich schon andere Romane der Autorin gelesen habe, die mich ebenfalls sehr
bewegt haben.
Tine: Wenn du DAS Buch des Halbjahres küren müsstest,
welches wäre es?
Nanni: Oh nein, ich kann mich doch immer so schlecht entscheiden! Ich glaube, ich würde "Jäger" benennen, da ich es als sehr intensiv empfunden habe und es nach wie vor gerne mal liebevoll in die Hände nehme. Zudem hat es in mir den Wunsch geweckt auch alle anderen Bücher von Salter zu lesen.
Tine: Stell dir vor, du dürftest eines dieser Bücher
verschenken, kennst aber den Geschmack des Beschenkten nicht. Welchen der Titel
würdest du auswählen?
Nanni: "Die Erfindung der Flügel". Es behandelt nicht nur ein Thema, von dem jeder zumindest schon mal gehört hat, sondern ist auch eine wirklich spannende Geschichte über Zwischenmenschlichkeit, Neid und der falschen Handhabe von Macht.
Tine: Mit den Riyria-Bänden und dem Buch von Abercrombie
haben es zwei Fantasy-Bücher in die Top 5 geschafft. Was sind die Gemeinsamkeiten?
Nanni: Beide Bücher haben sicher gemeinsam, dass ihre Protagonisten sehr eigene Charaktere sind. Prinz Yarvi aus "Königsschwur" ist eigentlich der Held der Geschichte, aber teilweise sehr un-heldenhaft. Hadrian und Royce haben ihren sehr persönlichen Charme, sind eigentlich Bösewichte, haben dafür aber eigentlich viel zu viel Herz. Solche Charaktere, die sich nicht in die für sie vorgesehene Schublade pressen lassen, mag ich einfach besonders gern.
Tines Top 5:
In der ersten Hälfte dieses Jahres habe ich 48 Bücher
gelesen. Da ist es gar nicht so einfach, seine Top 5 zu küren. Ich bin meine
Leseliste durchgegangen und habe erstmal alle Bücher aufgeschrieben, die mir
besonders positiv in Erinnerung geblieben sind: Heraus kam eine Auflistung von
achtTiteln - gar nicht mal so schlecht. Danach habe ich die umkreist, die auf jeden Fall in die Top 5 sollten: das waren
zunächst nur zwei Bücher - und dann plötzlich sechs. Mist! Einen Titel musste
ich ja auf jeden Fall noch streichen. Das war gar nicht mal so leicht. Aber
hier ist sie nun: meine Halbjahres-Top 5 in alphabetischer Reihenfolge:
"Ein Lied für
Jemmie" von
Adrian Fogelin ist ein sehr
beeindruckendes Jugendbuch, das mich vor allem thematisch voll und ganz
eingenommen hat. Die Autorin beschreibt die Situation von Justin, seine Gefühle
für Jemmie und die Sorge um seine Mutter absolut authentisch. Ich bin immer
noch der Meinung, dass dieses Buch viel mehr Leser verdient.
"Himmelschlüssel" von Kristina Ohlsson ist der vierte Band der
Fredrika-Bergmann-Reihe. Ich habe mich letztendlich dazu entschieden, dass
dieses Buch stellvertretend für all die Bücher mit in die Top 5 muss, die mich
einfach dazu bringen, bis spät in die Nacht und gegen die Müdigkeit an zu
lesen. Ich erinnere mich noch genau, dass ich erst gegen 2 Uhr, als die letzte
Seite gelesen war, das Licht aus gemacht habe - und das, wo meine normale
Schlafenszeit etwa vier Stunden früher beginnt. Auch thematisch ist die
Geschichte absolut fesselnd und vor allem politisch sehr brisant.
"Der große Trip. Tausend
Meilen durch die Wildnis zu mir selbst" von Cheryl Strayed hat mich einfach beeindruckt: die
Geschichte der Autorin, ihre Leistung und der Pacific Crest Trail. Ich vermute,
dass mir das Buch ganz besonders gut gefallen hat, weil ich selbst wandere.
Aber insgesamt habe ich bisher nur positive und eben beeindruckende
Leserstimmen dazu gehört. "Der
große Trip" gehört
deswegen eindeutig in die Top 5, weil er in mir etwas ausgelöst hat und zwar
nicht nur den Wunsch, selbst mal eine etwas längere Wanderung zu unternehmen.
"Funklerwald" von Stefanie Taschinski und Verena
Körting ist eines der
schönsten Kinderbücher, das ich kenne. Die Geschichte und die Idee sind einfach
zauberhaft. Noch zauberhafter sind allerdings die Illustrationen in diesem
Buch. Mir fehlen an dieser Stelle wirklich die Adjektive. Geschichte und Bilder
zusammen ergänzen sich perfekt und machen "Funklerwald" zu einem Buch, das definitiv für immer
in meinem Regal stehen wird.
"Mein Herz und andere
schwarze Löcher" von
Jasmine Warga ist aus
ähnlichen Gründen auf dieser Liste gelandet wie "Ein Lied für Jemmie".
Auch hier finde ich die Themen Depression und Suizid absolut spannend und sehr
authentisch umgesetzt. Auch die Kombination mit der ersten großen Liebe wirkt
beim Lesen nicht aufgesetzt, sondern wirklich sehr stimmig. Dieses Buch
verdient es allein durch den Vergleich von der Depression mit einer schwarzen
Qualle, die alle positiven Gefühle aufsagt, auf die Top 5.
Nanni: Gibt es in deiner Leseliste ein Genre, das zwischen den anderen dominiert? Fühlst du dich damit wohl oder würdest du im nächsten Halbjahr gerne eine anderen Weg einschlagen?
Tine: Ich habe dieses Mal relativ viele verschiedene Genres dabei: zwei Jugendbücher, ein Kinderbuch, einen Thriller und einen autobiografischen Roman. Obwohl ich auch viel Fantasy gelesen habe, taucht dieses Genre hier nicht auf - was mir bei der Entscheidung auch wirklich schwer gefallen ist. Grundsätzlich fühle ich mich mit meiner Mischung recht wohl: Jugendbücher überwiegen, aber ich bin eben auch immer offen für Bücher aus anderen Sparten.
Nanni: Du wanderst ja selbst gern und berichtest in deiner kleinen Zusammenfassung, dass dies ein Grund ist, warum du so einen guten Zugang zum Buch hattest. Welcher Moment auf Cheryl Strayeds Reise war für dich absolut nachvollziehbar bzw. nahezu identisch mit dem was wandern für dich ausmacht?
Tine: Das ist eine spannende Frage. Die Autorin verarbeitet mit ihrem Trip die eigene Vergangenheit, denkt über vieles nach und findet dabei zu sich. Im kleinen Rahmen geht es mir auf meinen Wanderungen genauso: Man geht Schritt für Schritt und ist dabei mit sich, seinen Gedanken und Gefühlen allein. Und mit jedem Schritt geht es auch innerlich ein Stückchen weiter.
Nanni: "Funklerwald" ist ja ein Kinderbuch, d.h. du gehörst eigentlich nicht mehr zur Zielgruppe. Was macht es auch für Erwachsene so lesenswert?
Tine: Das Buch hat bei mir ein absolutes Wohlfühl-Gefühl hinterlassen: Vielleicht versetzt es den Leser zurück in die Kindheit? Ich weiß es nicht, aber ich habe mich beim Lesen einfach geborgen und wohlig gefühlt. Und die Illustrationen haben eben auch mich als Erwachsene total angesprochen.
Nanni: Hast du das Gefühl im ersten Halbjahr viele Bücher gelesen zu haben, die sehr populär sind (durch Werbung, Blogs, Rezis etc.) oder hast du dich eher abseits der breiten Masse orientiert? Tine: Im Großen und Ganzen habe ich schon viele recht populäre Neuerscheinungen gelesen, aber eben auch ein paar Schätze wie zum Beispiel "Ein Lied für Jemmie" entdeckt, die eher unbekannt sind. Außerdem habe ich in diesem Halbjahr insgesamt sechs Re-Reads gehabt, was für mich absolut ungewöhnlich ist.
Oje. Von euren 10 Halbjahres-Highlights kenne ich nicht ein einziges. Aber eine schöne Idee hattet ihr da mal wieder :D
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