24.08.15

Auf und davon / David Arnold



"Jedenfalls fühle ich mich plötzlich sehr rebellisch und erschöpft. Diese ganzen Eds und Morrise und nicht-Ahabs und Mädchen mit Kaugummiblasen und kostenlosen Zigaretten, die endlosen Enttäuschungen, Entfernungen und hundert anderen Ents haben mich einfach ausgelaugt."

Mary Iris Malone - genannt Mim - lebt bei ihrem Vater. Und ihrer Stiefmutter Kathy, die sie nicht sonderlich gut leiden kann. Sie ist Mims Meinung nach der Grund, warum sie so weit von der Mutter weggezogen sind. Als sie einen Brief von ihrer Mom findet, der auf sie mehr als mysteriös, aber eben so klingt, als benötige diese dringend Mims Hilfe. Macht sie sich auf den Weg. Entgegen Mims Erwartungen, wird es eine Reise voller Umwege, Bekanntschaften und Erkenntnis.

"Der Fernseher lief im leeren Wohnzimmer, aber ohne Ton.
Niemand war sauer.
Niemand kümmerte sich um mich.
Mein Gott, Isabel ... ich hoffe, du weißt nicht, wie sich das anfühlt."

"Auf und davon" lässt mich etwas verwirrt zurück. Es hallt immer noch in mir nach, obwohl ich es schon seit einigen Tagen beendet habe. Es fällt mir schwer, meine Meinung in Worte zu fassen, denn dieses Buch reißt mich hin und her. Allein diese Tatsache spricht eigentlich dafür, dass es ein gutes Buch ist, aber um es als Highlight zu bezeichnen, fehlt mir das letzte Fünkchen Etwas. David Arnold sorgt auf jeden Fall dafür, dass seine Leser permanent mitdenken, grübeln und in Bewegung bleiben. Seine Geschichte wird ganz sicher für sehr viel Diskussion unter ihren Lesern sorgen.

"' Ich hab dich gehört. Als du geschlafen hast. Unter der Brücke.'
Na super.
'Was habe ich sonst noch gesagt?'
'Irgendwas mit Feuerwerk', sagt er leise. 'Und noch andere Sachen. Weiß ich nicht. Ich habe auch Feuerwerksgedanken.'"

Mims Roadtrip ist ... skurril. Es ist keine Reise der gewöhnlichen Art, aber Mim ist auch kein gewöhnliches Mädchen. Sie ist anders, denkt anders und handelt aus dem Bauch heraus. Auch, wenn dieser ihr manchmal etwas falsches einflüstert und sie in Schwierigkeiten bringt, so wie damals, als sie in die Sonnenfinsternis geschaut hat und dadurch auf einem Auge erblindete. Mim ist für den Leser zum Teil ein Rätsel. Sie zu durchschauen fällt nicht leicht und doch möchte man sie gern auf ihrer Reise begleiten. Manchmal benötigt sie dringend einen Weggefährten, denn ihr Können sich in Schwierigkeiten zu bringen, ist ziemlich groß. Und doch muss sie ihre Erfahrungen allein sammeln, um zu der Erkenntnis zu gelangen, die am Ende des Romans wieder so sehr für die Geschichte spricht und in mir den Wunsch auslöst, Mim doch von Anfang an mehr Verständnis entgegen zu bringen.

"Hattest du schon mal das Gefühl, etwas Wichtiges verloren zu haben, und dann entdeckt, dass du es überhaupt nicht besessen hast?"

"Auf und davon" hat für mich ein bisschen was von Quentin Tarantino. Wir treffen auf sehr schräge Figuren, sehr fiese, aber auch besondere, liebenswerte Charaktere. Allen ist gemein, dass sie sich doch ziemlich von der breiten Masse abheben. Nicht jeder von ihnen ist leicht zu verstehen, verschanzt sich hinter einer Mauer aus schnöden Verkleidungen. Dahinter zu blicken macht die Schwierigkeit des Buches aus. Ich mag es gern, wenn ich mitdenken muss, wenn Menschen und Geschichten anders sind, als sie auf den ersten Blick scheinen, aber es ist eben nicht jedermanns Sache. Man muss bereit sein für eine Geschichte wie diese. Muss sich den Schockmomenten und verwirbelten Gedanken stellen können. Muss sich öffnen dafür, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, um ihr geduldig entgegen zu treten. Denn auch, wenn Arnold rein sprachlich, sowie mit seiner skurrilen, verschachtelten Denkweise einen Sog aufbaut, der dafür sorgt, dass der Leser das Buch verschlingen möchte, sollte man sich doch die Zeit nehmen, es nach und nach sacken zu lassen. Erst dadurch besteht die Möglichkeit so viel über Freundschaft, Familie, glücklich und unglücklich sein zu lernen wie Mim es tut, und eben nicht alles so hinzunehmen, was einem von Angst und Zweifel eingeredet wird, sondern gründlich zu hinterfragen, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich auch zu trauen, diese auszuleben.

Buchinfo:


Heyne fliegt (August 2014)
384 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
ab 14 Jahre
Originaltitel: Mosquitoland
Übersetzung: Astrid Finke


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4 Kommentare:

  1. Huhu! :)
    Das hast du wieder einmal toll zusammengefasst, sicherlich ist das Buch nicht jedermanns Geschmack, doch das ändert nichts an der Besonderheit! Mir hat das Buch ebenfalls gut gefallen :)

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    1. Hallo Lena,
      danke :)
      Freut mich, dass es dir auch gefallen hat. Ich wollte schon die ganze Zeit bei dir und den anderen Vorableserinnen vorbei schauen, bin aber irgendwie nicht dazu gekommen. Das werde ich aber jetzt gleich mal nachholen. Bin gespannt auf eure Rezis :)

      Liebe Grüße
      Nanni

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  2. Mir ist es auch richtig schwer gefallen, die passenden Worte zu finden und das Buch zu bewerten. Aber du hast es auf jeden Fall geschafft und deine Worte sind wirklich schön :-).

    Liebe Grüße,
    Vanessa

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    1. Hallo Vanessa,

      danke :) es passieren auch so viele irre Sachen und Mim trifft auf Menschen, die man einfach nicht in der Rezi beschreiben kann. Die soll auch wirklich jeder Leser selbst kennen lernen.

      Liebe Grüße
      Nanni

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