Mein
Name ist Claudia Balzer und ich bin Autorin, Leserin und Fangirl mit
Leib und Seele. Bücher spielen bereits mein ganzes Leben eine große
Rolle. Meine Eltern haben mich immer mit Bücher versorgt und gute
Noten wurden mit neuem Lesefutter belohnt. Mit vierzehn oder fünfzehn
tauchte ich in die Welt der Fanfiction ein und kam darüber selbst
zum Schreiben. Mein erstes Werk war eine Geschichte um Lily und James
Potter, die ich heute niemanden mehr zumuten würde (und auch auf
irgendeiner längst vergessenen Festplatte tummelt). Danach
konzentrierte ich mich zunächst aufs Zeichnen, bis ich 2012 zu den
Wörtern zurück fand, weil ich nichts Gutes mehr zu lesen finden
konnte. Seitdem habe ich bei Forever by Ullstein drei Bücher
veröffentlichen dürfen.
(Bildrechte: Claudia Balzer) |
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Welche*r Autor*in deiner Kindheit hat dich am meisten beeinflusst?
Ich
bekam mein erstes Harry Potter Buch mit etwa elf Jahren und mehr
Worte bedarf es dazu fast gar nicht, oder?
Ich
bin noch die Generation, die lange bis zur Veröffentlichung des
nächsten Bandes warten musste. Jahre! Verflucht lange Jahre! Die
Bücher erschienen immer um meinen Geburtstag herum und in den Jahren
einer Veröffentlichung habe ich mein Älterwerden mit lesen
gefeiert. (Nur um spätestens am nächsten Tag das jahrelange Warten
neu zu starten.)
J
K Rowling hat mich damals vielleicht nicht als Autorin geprägt, aber
doch sicher als Mensch und hat ihren Fußabdruck in meinem Charakter
hinterlassen.
Es
gibt genug Studien, die belegen, dass die Harry Potter Fans die
tolerantesten, friedlichsten und aufgeschlossensten Menschen sind.
Und
ich hoffe, dass es sich genauso auf mich ausgewirkt hat. Ich versuche
tagtäglich diesem Erbe gerecht zu werden.
- Welches Buch empfiehlst / verschenkst du am häufigsten??
Viele
wissen, dass Colleen Hoover meine absolute Lieblingsautorin ist. Doch
eigenartiger Weise empfehle ich am meisten Left Drowning von Jessica
Park. Wäre das deutsche Cover von Amazon nicht so dermaßen
unglücklich und unpassend gewählt, würde ich es definitiv auch
mehr verschenken. So drücke ich es jedem in die Hand, der gerne
englisch liest.
Die
Geschichte um Blythe und Chris reibt genau an den richtigen und
falschen Stellen.
Sabin,
Chris´ Bruder ist mir dabei am meisten ans Herz gewachsen. Er hat
inzwischen auch sein eigenes Buch bekommen. Es liegt auch ganz oben
auf meinem Stapel, aber auch nach Jahren habe ich Left Drowning noch
nicht genug verarbeitet, um mich auf die tiefen Abgründe in Sabins
Seele einzulassen. Weil, wenn Jessica Park etwas kann, dann raue,
schonungslose Gefühle.
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Was macht für dich den Reiz am Lesen aus?
Es
gibt vieles, was das Lesen reizvoll macht und für jeden wird es
sicherlich etwas anderes sein. Ich habe nicht mal ein festes Genre in
dem ich mich bewege. Ich lese fast alles.
Aber
wenn ich es auf ein Wort zusammenfassen müsste, wäre es folgendes:
Realitätsflucht.
Als
Teenager war es vor allem die Realitätsflucht, die das Lesen für
mich so unverzichtbar gemacht hat. Ich hatte eine tolle, liebevolle
Kindheit, davor musste ich nicht flüchten, aber bin ich in einem
Umfeld aufgewachsen, in denen Bücher, Geschichten und Fantasie nicht
so einen Stellenwert haben, wie sie es für mich persönlich haben.
In meiner unmittelbaren Umgebung war ich die Einzige, die gelesen
hat. Ich habe das einfach nicht verstanden und kann es auch heute
nicht wirklich. Sich richtig in einer Story zu verlieren, daraus zu
lernen und seinen Emotionen freien Lauf lassen - gibt es etwas
schöneres? Ich neige zur Überdramatik, sonst wäre ich kein Fangirl
geworden, aber ohne das Lesen wäre ich heute nicht die Person, die
ich jetzt bin und das fände ich furchtbar.
-
Was erwartest du von einem „guten“ Buch?
Ein
wirklich gutes Buch muss mich emotional brechen. Es mag im ersten
Moment hart klingen, aber für mich gibt es kaum etwas Schöneres.
Nur wenn es mich so mitnimmt, dass mein Herz rast, dass ich weine und
mitfiebere, dass ich mich in den Charakter hineinversetzen kann,
obwohl wir vielleicht nicht die gleiche Anschauungen teilen, dann ist
es ein gutes Buch für mich.
So
geschehen bei Left Drowning von Jessica Park, Ugly Love von Colleen
Hoover und F*ck Love von Tarryn Fisher und noch so vielen mehr.
Aber
ich muss auch gestehen, ich bin von Haus aus ein sehr
emotionsgeladener Mensch. Ich kann mich viel zu leicht und viel zu
schnell in so ziemlich jeden hineinversetzen, selbst in die
Bösewichte und Sympathie entwickeln.
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Gedöns, Dingsbums, Trallafitti – welche Worte nerven dich in Rezensionen am meisten?
Als
Autorin habe ich ehrlich gesagt eine Hassliebe zu Rezensionen und
mich nerven nicht wirklich bestimmte Worte. Mich nervt keine
Rezension, weil ich mich über jede freue, ob nun gut oder weniger
gut. Es gibt jedoch eine Sache, die mich sehr verwundert. 80 % meiner
Rezensionen beginnen mit:
„Ich
hatte keine großen Erwartungen in das Buch, aber…“
„Ich
hatte keine Lust das Buch zu lesen, aber…“
„Ich
war auf den typischen NA-Einheitsbrei vorbereitet, aber…“
Es
freut mich, dass diese 80 % auch meistens in einer vier bis fünf
Sterne Rezension enden und das Buch sie überzeugen konnte, aber es
lässt mich immer wieder aufs Neue wundern. Ich weiß nicht wirklich,
woher diese Erscheinung kommt, aber es lässt mich schmunzeln.
Und
es ruft die alte Bücherweisheit „Don´t judge a book by it´s
cover“ immer wieder aufs neue in mein Gedächtnis.
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Welche deiner Lesegewohnheiten würdest du gerne ändern, schaffst es aber nicht.
Wenn
ich selbst an einem Buch schreibe, komme ich kaum bis gar nicht zum
Lesen. Ich hätte in erster Linie gern erst einmal eine
Lesegewohnheit.
Das
wäre schön… hach, ich vermisse das Lesen. Das ist wirklich das
Einzige, dass mich am Schreiben stört. Die Zeit, in der man Wörter
aneinander reiht fehlt beim Lesen.
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Literaturszene, Lesegewohnheiten und Buchtrends sind dynamische Komponenten. Welche Entwicklung empfindest du in diesen Bereichen (einem dieser Bereiche) als besonders positiv?
Ganz
klar Gay-Romance.
Ich
komme wie gesagt im Ursprung aus dem Fanfiction-Milieu und dort sind
Gay-Charaktere das natürlichste auf der Welt und an der
Tagesordnung. Es freut mich, dass dieses Genre immer mehr Fuß in den
Bücherregalen fasst. Ich habe nie verstanden, warum dieses Thema
immer totgeschwiegen, gar nicht erst registriert oder wenn, dann mit
einem Mary Sue Charakter besetzt wird und noch seltener ein Happy End
findet. Schrecklich.
Als
ich mein erstes Buch plante (kein veröffentlichtes, einfach das
erste Buch, dass ich je beendet habe), habe ich als erstes ein
Gay-Pärchen geschaffen, das in einer glücklichen Beziehung steckt,
erfolgreich ist und auch bleibt und nicht nur als Lückenfüller
gehandelt hat. Dieses Buch lud ich auf Wattpad hoch und nicht eine
einzige Person hatte etwas gegen sie zu sagen. Im Gegenteil. Sie
wurden zu einen der Lieblingscharaktere. Für mich ist es daher
unverständlich, dass diese Bücher erst jetzt so ins Rollen kommen
und plane auch bereits ein eigenes Buch in diesem Genre und ich freue
mich so verdammt darauf es zu schreiben, dass es schon weh tut.
Wieder ein schönes Interview. Zwei Dinge haben mir besonders gefallen: Zum einen, dass die Autorin sagt, ein Buch müsse sie emotional brechen. Ein tolles Bild. Und zum anderen, dass sie es besonders gut findet, dass Gay Romance einen höheren Stellenwert in der Literatur findet. Yeah dafür!
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LöschenHach ja, dieses jahrelange Warten auf den jeweils nächsten Harry Potter-Band kenne ich auch sehr gut. War damals sehr zermürbend, aber im Nachhinein hat das auch irgendwie was: diese hibbelnde Spannung nach jedem Band, das Spekulieren und Rätseln. Da werd ich jetzt direkt nostalgisch.
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