Im eiskalten Winter wählt der kleine Flüchtlingstrek den lebensgefährlichen Weg über das zugefrorene Haff. In Gotenhafen, so heißt es, warte die Wilhelm Gustloff, um sie nach Westen zu bringen. Doch auch dort sind sie noch lange nicht in Sicherheit.
(Text: (c) Carlsen Verlag, Foto: (c) N. Eppner)
Nie und nimmer hätte ich erwartet schon Anfang des Jahres auf eins meiner Lesehighlights zu treffen. Auf ein Buch, das mich nachhaltig und langfristig beeindruckt. Ich weiß gar nicht wirklich wie ich all die Empfindungen, die Ruta Sepetys mit ihrem neusten Roman "Salz für die See" in mir ausgelöst hat, in Worte fassen soll.
Thema des Romans ist der zweite Weltkrieg. Der Fokus liegt auf den Flüchtlingsströmen und der Wilhelm Gustloff, die am 30. Januar 1945 von sowjetischen Torpedos versenkt wurde. Mit ihr ca. 9000 Menschen.
Ich habe schon etliche Romane über den zweiten Weltkrieg gelesen und bisher das Gefühl gehabt, dass ich schon einiges über diese Zeit weiß. Sepetys belehrt mich eines besseren. Sie verschafft mir einen Überblick über historische Fakten, sowie einen tiefen Einblick in die Seele derer, die ungewollt auf verschiedenem Wege zum Opfer des Nationalsozialismus wurden.
Sie gibt ihnen eine Stimme. Stark und hilflos zugleich. Die Grenzen zwischen Gut und Böse sind sehr verschwommen. Was ist erlaubt, um anderen zu helfen? Was, um sich selbst zu retten? Wie soll man ein reines Gewissen behalten, wenn alles um einen herum schwarz und düster ist. Wie die Hoffnung bewahren?
Der Erzählton ist sehr bedrückend. Die Schicksale gehen mir zu Herzen. Obwohl mich die Spannung, die Sepetys mit kurzen, dramatischen Kapiteln aufbaut, von Seite zu Seite treibt, kann ich immer nur kurze Abschnitte lesen. Zu sehr reibt mich das Geschehen auf und ich frage mich, wie es sein kann, dass es immer noch Menschen gibt, die nicht erkennen welcher Not Flüchtlinge ausgesetzt sind. Zu welch sinnloser Gewalt Faschismus führt.
Ich habe viele Tränen geweint. Tränen der Trauer, der Wut und Tränen der Hoffnung in Hoffnungslosen Situationen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich jemals ein Buch gelesen habe, das mich so bewegt hat.
"Salz für die See" ist ein außergewöhnliches Buch. Nicht in seiner Thematik, aber in seiner Umsetzung. Gefühlt geht jedes einzelne Wort tief unter die Haut. Brennt in den Kopf was einmal war und nie mehr so sein soll. Es ist ein Buch, das absolut jeder lesen sollte.
Königskinder
(September 2016)
400 Seiten
ab 14
Jahren
Gebunden
mit Schutzumschlag
19,99
€
Originaltitel:
Salt to the Sea
Übersetzung:
Henning Ahrens
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Jetzt habe ich beim Lesen deiner Rezension ordentlich Gänsehaut bekommen. Ich verstehe deine Gedanken sehr gut, mir ging es beim Lesen des Buchs ähnlich.
AntwortenLöschenAuf Youtube gibt es einige Interviews mit der Autorin über das Buch. Die finde ich auch sehr interessant.
Danke für den Tipp. Die werde ich mir mal anschauen.
LöschenTeilweise war es wirklich so heftig, dass ich das Buch lieber abbrechen wollte. Es sind noch nicht mal unbedingt die beschriebenen Dinge, die mir so zugesetzt haben, sondern vielmehr das, was zwischen den Zeilen mitklingt. Das, was wir Leser aus der Historie wissen.
Und ich merke auch, dass ich empfindsamer bin, seit ich ein Kind habe. Mich begleitet oft der Gedanke, welche Angst Menschen im Krieg um ihre Familien haben müssen.
Liebe Grüße
Nanni
Das Ungesagte hat in diesem Buch wirklich viel Gewicht. Ich wollte auch immer wieder ins Buch springen und die Figuren warnen. Mit dem Wissen, dass das Schiff sinken wird, fand ich es teilweise nur schwer erträglich zu lesen, mit wie viel Hoffnung sie auf den Hafen zugewandert sind.
LöschenDen Gedanken daran, wieviel Angst und Sorgen sich die Menschen gemacht haben müssen, habe ich auch oft. Aber nicht nur bei solchen Romanen, sondern auch bei vielen aktuellen Geschichten um Flucht und Vertreibung. Davon liest man ja jeden Tag.
Ich hatte bei "Between Shades of Gray" ganz ähnliche Gefühle und finde es beeindruckend, dass Ruta Sepetys ein weiteres Mal so gut mit einem so harten Thema umgehen kann. Ich bin nun schon sehr gespannt auf den Roman!
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