23.02.17

Ein bisschen wie Unendlichkeit - Harriet Reuter Hapgood




»So ist es, wenn man jemanden liebt.
So ist es, wenn man um jemanden trauert.
Ein bisschen wie Unendlichkeit.«

Als die Ferien anfangen, möchte Gottie eigentlich nur unter dem Apfelbaum liegen, in die Sterne schauen und über das Universum nachdenken. Sie kennt jede Theorie zu Raum und Zeit und kann alles mit einer Formel erklären. 


Außer, warum ihr bester Freund Thomas, der vor einigen Jahren weg­gezogen war, plötzlich wieder auftaucht. Warum niemand ihre Verzweiflung über den Tod ihres Großvaters Grey versteht. Und warum sie in Flashbacks ganze Szenen ihres Lebens erneut durchlebt. Verliert sie den Verstand oder wird sie wirklich in die Vergangenheit versetzt? Und wie kann sie in der Gegenwart bleiben – bei Thomas, dessen Küsse ihr Universum verändern?

(Text & Cover: (c) Fischer Verlage, Foto: N. Eppner)

Bevor ihr durch meine Worte auf eine falsche Fährte geleitet werdet, eins vorweg: ihr solltet "Ein bisschen wie Unendlichkeit" unbedingt lesen. Egal, welche Vorstellungen ihr euch im Vorfeld von diesem Buch macht. Nehmt es zur Hand und lasst euch darauf ein. Auf all die traurigen, verrückten, bewegenden und zauberhaften Momente.

"Ich will alles los sein: Haare, Party, Garten, Jason, Wurmlöcher, Zeit, Tagebücher, Tod - besonders den Tod, ich habe lebenslang genug davon."

Ich habe "Ein bisschen wie Unendlichkeit" empfohlen bekommen und dann ins Regal gestellt. Ich habe es auf Empfehlung wieder herausgenommen, um es zu lesen. Den Klappentext habe ich mir nicht angeschaut. Was mich erwarten würde, war mir unklar.

Das Cover ist nicht mein Geschmack. Mit all den bunten Farben, suggeriert es mir eine kitschige Geschichte. Nach wenigen Seiten weiß ich, es hat einen Bezug zur Physik, zu Wurmlöchern und Zeitstrudeln. 

Ein Buch über Physik? Was will ich damit? (Zur Info: meine Physiknote trug in den Klassen 8 - 10 den Namen mangelhaft) Wie soll ich mich auf so ein Buch einlassen?

Die Figuren haben es möglich gemacht. Sie haben mich mitgenommen und dafür gesorgt, dass ich unbedingt ihre Geschichte, diesen für sie absolut wichtigen und verändernden Abschnitt ihres Lebens kennenlernen wollte. Gottie, der es mit präziser Treffsicherheit gelingt das Falsche zu tun, Thomas, der sowas von absolut sympathisch ist, Gotties Bruder Ned, der Sänger einer Rockband namens Fingerband ist, Gotties und Neds Vater, der ein bisschen in seiner Zeit hängen geblieben ist und der verrückte, der großartige, der besondere Grey, der nun leider nicht mehr lebt und mit seinem Tod den Boden unter den Füßen seiner Familie mitgerissen hat. 

"Aber seit Grey gestorben ist, gelingt es mir kaum, mit meinen eigenen Freunden zu reden, geschweige denn mit denen anderer. Mein gesamter Wortschatz wurde mit ihm eingeäschert."

Der Tod ist kein seltenes Thema in der Literatur. Auch nicht in Jugendbüchern, denen man gerne eine Verharmlosung der Welt vorwirft. Harriet Reuter-Hapgood beweist das Gegenteil. Menschen verarbeiten den Tod auf unterschiedlichste Arten. Von Trauer über Wut bis hin zu Verdrängung und psychischen Erkrankungen kann alles dabei sein. Diese Erfahrung muss auch Gottie machen, die nicht nur den Tod eines, sondern zweier geliebter Menschen verarbeiten muss und deshalb völlig aus der Bahn geworfen wird. Ihr Blickwinkel, ihre Sichtweise auf die Welt verschiebt sich so sehr, dass ihre Familie, ihre Freundschaften und nicht zuletzt sie selbst, daran zerbrechen würden, wenn es nicht in allem Dunkel immer auch ein Licht geben würde.

Der Tod verschwindet nicht. Ich weiß auch nicht, ob es stimmt, dass der Schmerz vergeht, aber das Leben geht weiter. In all seiner Pracht und Schönheit. Und es kommen und gehen Menschen, die wir lieben. Und eben die Menschen im Auge zu behalten, die wir lieben und die uns lieben, das ist das Wichtigste im ganzen Leben, denn sie sind das, was das Leben ausmachen. Danke liebe Gottie, lieber Thomas, lieber Grey, dass ihr uns alle daran erinnert.


Fischer Verlage KJB (Februar 2017)
384 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
ab 14 Jahren
16,99 €
Übersetzung: Susanne Hornfeck
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2 Kommentare:

  1. Das klingt viel besser, als ich das Buch einschätzen würde. Ich muss sagen, dass ich sehr skeptisch war, aber was du schreibst, klingt wirklich gut. Jetzt bin ich doch seeeehr versucht, es zu kaufen :D

    Viele liebe Grüße,
    Marie

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  2. Mir geht es gerade wie Marie. Ich wusste auch nicht so ganz, was ich von dem Buch halte. Deine Rezension macht mich aber sehr neugierig darauf.

    Liebe Grüße
    Julia

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