Maia – halb Elf, halb Kobold – macht die Erfahrung, dass das tägliche Leben eines Kaisers einem Spießrutenlauf gleicht: Jede Audienz ist eine Herausforderung, jede Palastintrige kann zur Entthronung und letztendlich zum Tod führen. Selbst so einfache Dinge wie Freundschaften zu schließen werden zur Herausforderung. Und dann ist da noch der mit allen Wassern gewaschene Lordkanzler, der versucht, den jungen, unerfahrenen Elfenkaiser unter seine Kontrolle zu bekommen ...
(Text: (c) Fischer Verlage, Foto: (c) N. Eppner)
Chenelo Drazharan, Dazhis Athmaza, Csevet Aisava ... das sind nur einige der vielen Namen, die Katherine Addison in ihren Roman "Der Winterkaiser" eingebaut hat. Ungewohnt und fantasievoll, gaben sie mir auf den ersten Seiten das Gefühl, dass ich in diesem Fall keine gewöhnliche Fantasygeschichte vor mir liegen habe, sondern ein Buch, das vom Leser Aufmerksamkeit fordert.
Trotz all der Namen, die glücklicherweise in einem Glossar aufgelistet sind, habe ich relativ schnell meine Orientierung gefunden. Protagonist Maia hilft mir der dabei. Sympathischer Herrscher wider Willen, der mit viel Tiefe dargestellt, zum roten Faden einer Welt wird, die für ihn selbst verwirrend scheint. Das Leben als Kaiser ist nicht immer einfach und entbehrt oftmals jeglicher Logik.
Maia gerät mitten hinein in Machtspielchen und Intrigen. Wahrheiten werden verdreht und so ausgelegt, dass sie entsprechend Wirkung zeigen. Jeder ist sich selbst der Nächste, Neuerungen werden mit Skepsis betrachtet und Personen anderer Völker abgelehnt. Schubladendenken am Hofe des Kaiser befremden ihn ebenso sehr wie sein neues, fremdbestimmtes Leben. Statt über mehr Macht zu verfügen, hat er das Gefühl zum Spielball jener zu werden, die nach Macht gieren und sich rein über diese identifizieren.
Mit dem Wechsel in die Machtposition, muss Maia sich von nun an nicht nur mit vielen fremden Personen auseinandersetzen, sondern in großem Maße auch mit sich selbst. Abgeschoben als unliebsamer Empörkömmling einer ungewollten Ehe, Halbblut aus Elf und Kobold, lebte er bisher im Hintergrund. Ungeliebt und ungehört.
Ich gebe es zu: anfangs habe ich mich gefragt, ob ich mich tatsächlich über 500 Seiten in diesen Dschungel aus Namen und Orten begeben möchte oder ob ich das Buch lieber zur Seite lege und mich einer einfacheren Lektüre widme. Dass eine verflixt komplizierte Sprache zum Posten des Kaisers gehört, vereinfacht das Lesen nicht gerade.
Doch da war irgendetwas, das mich an die Geschichte fesselte. Es ist kein einzelner Punkt, der ausschlaggebend dafür war, sondern die attraktive Kombination aus dem leichten und gleichzeitig tiefgründigen Zugang zum Protagonisten Maia, dessen spannende Entwicklung und das Verhalten seines Umfeldes aus Machtgier. Eine politische Szenerie, die sich zweifellos auch in der Realität abspielen könnte.
Katherine Addison hat einen sehr klugen Fantasyroman geschrieben, der zwischen all den Elfen und Kobolden kritisch auf Politik und (menschliches) Verhalten hinabblickt und dadurch nicht nur für kurzweilige Unterhaltung sorgt, sondern einige Punkte aufbringt, die mich als Leser zum Nachdenken anregen.
Fischer TOR (2016)
544 Seiten
Klappenbroschur
14,99 €
Originaltitel: The Goblin Emperior
Übersetzung: Petra Huber
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