31.03.18

Dumplin'. Go big or go home | Julie Murphy





Willowdean – „16, Dolly-Parton-Verehrerin und die Dicke vom Dienst“ – wird von ihrer Mutter immer nur Dumplin' genannt. Bisher hat sie sich in ihrem Körper eigentlich immer wohl gefühlt. Sie ist eben dick – na und? Mit ihrer besten Freundin Ellen an ihrer Seite ist das sowieso total egal. 
Doch dann lernt sie den sportlichen und unfassbar attraktiven Bo kennen. Kein Wunder, dass sie sich hoffnungslos in ihn verknallt – dass er sie allerdings aus heiterem Himmel küsst, verunsichert sie völlig. Plötzlich macht es ihr doch etwas aus, nicht schlank zu sein. 
Um ihre Selbstzweifel in den Griff zu bekommen, beschließt Will, sich der furchteinflößendsten Herausforderung in ganz Clover City zu stellen: Sie will am „Miss Teen Blue Bonnet“-Schönheitswettbewerb teilnehmen und allen – vor allem sich selbst – beweisen, dass die Kleidergröße für das ganz große Glück überhaupt keine Rolle spielt. 
„Badeanzüge haben so etwas an sich, das einen denken lässt, man müsste sich erst das Recht verdienen, sie zu tragen. Aber eigentlich ist doch die entscheidende Frage:
Hast du einen Körper?
Dann zieh ihm einen Badeanzug an.“
(Text & Cover: © S. Fischer; Foto: © N. Eppner)


Willowdean ist dick. Zumindest dicker, als viele ihrer Mitschüler. Damit entspricht sie nicht der gewünschten Schönheitsnorm und das als Tochter einer ehemaligen "Miss Teen Blue Bonnet" und Organisatorin des jährlichen Schönheitswettbewerbs. Für Willowdean eins der Päckchen, die sie zu tragen hat. Hinzu kommt, dass ihre Freundin El das hübscheste Mädchen der Stadt ist und Bo, ein ziemlich heißer Typ, mit ihr knutschen möchte. Wie soll sie das mit ihrem Selbstbewusstsein und ihrer eigenen Wahrnehmung ihres Körpers vereinbaren? Mit einer Teilnahme am Schönheitswettbewerb möchte sie sich selbst und ihren Mitmenschen zeigen, dass Schönheit keinesfalls eine Frage des Körperumfangs ist. Und tritt damit eine Art Revolution los, die ungeahnte Folgen hat...


"Perfektion ist nur ein flüchtiges Phantom, dem wir alle hinterherjagen." (S. 228)

Wie die Figuren der Geschichte ist der Roman sehr liebenswert, aber eine Story mit Ecken und Kanten und ich weiß gar nicht so genau, wo ich beginnen soll. Vielleicht starte ich einfach mal mit der Verwirrung, die Wills Fokussierung auf ihren Körper bei mir ausgelöst hat. Mir selbst ist es egal, ob mein Gegenüber dick, dünn, groß, klein, schief oder gerade ist und so hat es mich etwas irritiert, wie sehr Willowdean, die ich mir im Vorfeld als sehr selbstbewusste Protagonistin vorgestellt habe, ihren Körper in den Vordergrund rückt und sich selbst immer wieder darauf reduziert.

Manchmal hat es mich sogar ein bisschen genervt, aber da die Autorin selbst etwas fülliger ist, gehe ich mal davon aus, dass sie weiß, wovon sie redet. Letztendlich geht es ihr auch darum aufzuzeigen, wie Willowdean den Weg in ein selbstbewussteres Leben schafft. Diese Darstellung ist ihr auf wirklich eindringliche und unterhaltsame Weise gelungen. Dass Willowdean dabei manchmal etwas unfair vorgeht und nicht nur nett vorgeht, hat mich ein bisschen gestört, macht sie aber auch authentischer.


"Wenn man verstehen will, wer man ist, gehört es manchmal dazu, sich klarzumachen, dass wir aus einem Mosaik von Erfahrungen bestehen. Ich bin Dumpli'. Und Will und Willowdean. Ich bin dick. Ich bin glücklich. Ich bin unsicher. Ich traue mich alles." (S. 390)

Ich habe das Gefühl, dass Julie Murphy mir sagen möchte, dass es völlig egal ist, wie andere uns sehen - Wahrnehmungen sind ja sowieso immer unterschiedlich und Geschmäcker eh - wichtig ist nur, wie sehr wir selbst uns mögen und akzeptieren. Gibt es jedoch etwas, das uns an uns selbst stört, dann ist es an uns, das zu ändern und nicht nur von den anderen zu erwarten uns anderes wahrzunehmen. Das hat für mich sehr viel mehr mit Selbstliebe und Selbstakzeptanz zu tun, als mit Toleranz der Anderen und beschränkt sich nicht auf Äußerlichkeiten.

Und genau das machen diese großartigen Figuren in "Dumplin'". Sie stecken nicht den Kopf in den Sand und warten darauf, dass sich etwas ändert, sondern kämpfen. Stehen für sich ein.

Und irgendwie sind wir uns doch auch alle ähnlicher, als wir denken. Egal, welche Kleidergröße wir tragen. Unsicherheit kennt jeder von uns. Aber Ängste lassen sich nur überwinden, wenn wir versuchen diesen Berg zu erklimmen.


"Es ist ziemlich beruhigend zu wissen, dass es für jeden Menschen, der darauf wartet, gefunden zu werden, dort draußen jemanden gibt, der nach ihm sucht." (S. 368)

Neben einem Plädoyer über mehr Mut, Selbstakzeptanz und Selbstvertrauen, findet man in "Dumplin'" eine Geschichte über erste Liebe und Freundschaft. Auch in diesen Bereichen ist Willowdeans Weg eher steinig, aber es macht mir Freude sie dabei zu begleiten, wie sie sich mehr und mehr zutraut. Das Leben läuft nun mal nicht rund, aber es ist an uns das Schöne darin zu sehen und nicht zu fokussieren, was Probleme bereitet. 

Trotz einiger kleiner Kritikpunkte, erhält "Dumplin'" eine Leseempfehlung und findet hoffentlich viele LeserInnen.



Buchinfo:

Fischer FJB (2018)
400 Seiten
Hardcover
18,99 €
ÜBERSETZUNG: Katrin Stier

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Rezension: © 2018, Nanni Eppner

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