21.04.23

Als wir von Schönheit träumten | Ines Thorn




 

Zwei Schwestern und der Traum, die Modewelt zu erobern

Leipzig, 1959: Annekathrin möchte Fotografin werden, Hanka Modedesignerin. Doch nicht nur die Stoffe, aus denen die Schwestern ihre Kleider nähen, sind in der DDR knapp, sondern auch die Möglichkeiten, ihre Träume zu verwirklichen. Dann wird die Gründerin der Modezeitschrift »Sibylle« auf Annekathrins Bilder aufmerksam und Hanka wird als Mannequin entdeckt. Während Hanka sich in ein Leben vor der Kamera und in eine Affäre mit dem Redakteur Hartmut stürzt, muss Annekathrin eine Entscheidung fällen: Kind oder Karriere?
(Text & Cover: ©Aufbau; Grafik: ©N.Eppner)

Das war für mich eine sehr spannende Reise in der Zeit, aber vor allem in einen politischen Raum, über den ich viel zu wenig weiß, obwohl er doch zur deutschen Historie dazu gehört.

Die beiden Schwestern Hanka und Annekathrin sind unterschiedlich und doch verbindet sie eins: die Leidenschaft für Schönes. Hanka hat ein Auge für Mode, hilft schon früh in der Maßschneiderei der Eltern, liebt es Kleidung zu entwerfen. Annekathrin ist ein Ausnahmetalent der Fotografik. Nach wenigen Lerneinheiten versteht sie Motive so in Szene zu setzen, dass deren Besonderheit hervorsticht.

Annekathrin ist schon lange mit Armin zusammen. Er ist bodenständig und nett, aber ob sie ihn auch mal heiraten möchte, weiß sie noch nicht. Sie ist sich nicht sicher, ob er sie bei ihrem Wunsch eine selbstständige, berufstätige Frau zu sein, unterstützen wird oder ob er sich doch eher ein Weibchen für Kind und Herd wünscht. Eine unverhoffte Schwangerschaft zwingt Annekathrin zu einer Entscheidung.

Während Annekathrin recht vernünftig wirkt, ist Hanka eher unstet, unruhig, weniger geerdet. Sie geht eine Affäre mit dem älteren Hartmut ein, vor dem sie gewarnt wird. Doch Hanka muss ihre eigenen Erfahrungen machen und die wirken zunächst auch ganz positiv.

Ich denke, dass Ines Thorn eine gute Skizze zweier Lebensentwürfe in der ehemaligen DDR zeigt. Zwei Frauen, die unterschiedliche Wege einschlagen, aber doch miteinander verbunden sind. Auch dann, als eine von der Polizei aufgegriffen wird. Es zeigt sich in welchen Bereichen der Staat Einfluss nahm und wo er überall Steine in den Weg legte, wenn die Bewohner sich nicht so eingliederten wie es erwartet wurde. Welch enger Rahmen vorgegeben wurde, um die DDR zu dem sozialistischen Staat werden zu lassen, der sie sein sollte. Dass der Grundgedanke, eine Gleichheit zu schaffen, in der sich keine*r Sorgen um Einkünfte oder Überleben machen muss, nicht per sé schlecht war, wird von der Autorin auch in den Raum geworfen. Dass die Umsetzung aber alles andere als Menschenfreundlich, vielleicht sogar Menschenwürdig war, wird auch in diesem Roman deutlich sichtbar.

Ines Thorn erzählt mit viel Liebe zum Detail. Manchmal wurden mir in einem Abschnitt zu viele Dinge genannt, die darauf hinweisen sollten, in welcher Zeit, an welchem Ort wir uns befinden. Das wirkt hier und da etwas konstruiert. Als Ganzes gesehen ist es aber ein sehr genauer Einblick in die Gepflogenheiten der damaligen Zeit und es war für mich auch spannend zu erleben, welche Lebensmittel oder Bräuche in den 60er und 70er Jahren in der DDR zum Alltag gehörten, welche sich vom Leben in Westdeutschland unterschieden oder welche sogar bis heute übernommen wurden.

Ich bin etwas traurig, dass die Geschichte von Hanka und Annekathrin schon nach etwas über 350 Seiten endet. Ich hätte gut und gerne noch 200 weitere lesen und die beiden jungen Frauen begleiten können. Vielleicht habe ich ja Glück und es gibt irgendwann eine Fortsetzung, denn die Familie ist mir doch ans Herz gewachsen. Leseempfehlung für diesen spannenden Einblick in das Leben in der DDR.

Buchinfo:

368 Seiten
eBook 9,99 €


Rezensionen: ©2023, Nanni Eppner



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