16.04.14

Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung / Valentina D'Urbano


"Das Kind rührte sich nicht, es konnte nicht mehr. es weinte nur noch, zu Tode erschrocken, sodass auch mir Tränen kamen."

Beatrice und Alfredo verbindet eine ganz besondere Freundschaft, basierend auf einem Erlebnis, das erschüttert und bewegt. Beas Familie wohnt im selben Haus wie Alfredo, seine Brüder und der Vater. Nur einen Stock darunter, so dass sie fast täglich die Schreie der Jungs hören, wenn der Vater mal wieder zuschlägt. Als die Situation eskaliert, Alfredo kurz davor ist unter den Schlägen aufzugeben und in den Tod zu entfliehen, greifen Beas Eltern ein, nehmen den nicht mal 8-jährigen Jungen zu sich und so kommt es, dass Alfredo und Bea wie Geschwister aufwachsen. Unzertrennlich, von den Menschen in La Fortezza "die Zwillinge" genannt.

"Es war anders, wir waren keine Kinder mehr. Er umarmte mich nicht, um mich nach einem Alptraum zu trösten. Es gab einen unterirdischen geheimen Strom, der leise durchs Bett rauschte."

Die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Menschen und deren Gefühle. Alfredo und Bea kommen in die Pubertät, nähern sich dem Erwachsen sein und der enge Zusammenhalt, der ehemlas zwischen ihnen herrschte wandelt sich in eine neue Stufe der Verbundenheit. Tief, unergründlich und unbegreiflich. Ein Auf und Ab der Gefühle, beherrscht von Emotionen, Eifersucht und unausgesprochenen Worten, die im Wege stehen und oftmals eine tiefe Kluft zwischen den Beiden bilden.
 
"Noch nie hatte ich jemanden so gehasst, wie ich ihn hasste. Und noch nie jemanden so geliebt."

Auf der einen Seite ist der Roman die Geschichte einer Freundschaft, wärmend und berührend, zwischen zwei Menschen, die sich im Herzen so nahe sind, dass dies vom Leser mehr als deutlich zu spüren ist. Auf der anderen Seite ist es aber auch eine Geschichte voller Dramatik, voller Bitterkeit, intensiv und unglaublich einnehmend. Zwei Menschen, die manchmal auf mich wirken wie Tiger und Schlange, weil der eine mit unglaublicher Kraft liebt, die andere sich das nimmt was sie möchte, beide in der Situation lieber nicht zu viel preis zu geben und damit Gefahr zu laufen und den anderen womöglich zu verlieren.

"Wir wussten, dass die Kälte von innen kam. Nicht mal Drogen wärmen dich, wenn du dich verlierst."

Schon am Anfang des Romans erfahren wir, dass Alfredo gestorben ist. Eine Überdosis Drogen sind ihm zum verhängnis geworden. Bea beschreibt Alfredo als eine Person ohne Charakter, die sich auf andere verlässt, leicht beeinflussbar ist und Angst hat. Ich habe das Gefühl so verhielt er sich nur Bea gegenüber. Denn sie ist nicht nur diejenige, die ihm Kraft gibt, sondern auch diejenige um die er Angst hat. Sie hat nicht erkannt, wie stark er wirklich sein konnte, wie lange er stark sein musste um all das auszuhalten, was es zu erleiden galt. Von allen dramatischen Helden, die mir bisher begegnet sind, ist Alfredo der intensivste, derjenige, der mich mit ganzer Kraft eingenommen hat und dabei so authentisch wirkte, dass es für mich ein Graus war seinem Verfall zusehen zu müssen und zu wissen, wie es für ihn, für seine Liebe zu Bea enden wird.

"Der Schmerz einer toten Liebe ist wie ersticken, aber ich werde mich daran gewöhnen."

Valentina D'Urbano, die junge Italienerin ist - unglaublicherweise - eine Debütantin, hat mit "Mit zwanzig hat man kein Kleid für eine Beerdigung" einen Roman geschaffen, der sich in seiner Intensität mit den Werken vieler erfahrener Schriftsteller messen kann. Kraftvoll und berührend gelingt es der Autorin immer wieder mich so überraschend und unverhofft zu schocken, dass mir der Atem stockt. Ich konnte den Roman kaum aus der Hand legen, aber auf der anderen Seite auch kaum ertragen weiter zu lesen, da mir die Geschichte so nahe gegangen ist. Alfredo und Beatrice, "die Zwillinge" werden noch lange in meinem Herzen bleiben.

Buchinfo:
 
dtv (Februar 2014)
280Seiten
14,90 €
Übersetzerin: Constanze Neumann
 

4 Kommentare:

  1. Das ist ja eine tolle Rezension. Ich möchte das Buch auch gerne noch lesen und setze es gleich mal auf meine Wunschliste. Lg Petra www.papierundtintenwelten.blogspot.de

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    1. Hallo Petra,

      ja ganz unbedingt. Ein ganz toller Roman!!

      LG Nanni

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  2. Das Buch ist mir wegen seines Titels schon öfter aufgefallen. Aber ich dachte immer irgendwie, es wäre ein eher langweiliges Buch. Jetzt hast du mich aber neugierig darauf gemacht und es ist auf meine Wunschliste gewandert.

    Liebe Grüße und Frohe Ostern :-)

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    1. Hallo Julia,

      ja lies es unbedingt. Ein sehr berührendes Buch, das dir sicher gefallen wird.

      Liebe Grüße Nanni

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