„Wer
reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es
ist der Vater mit seinem Kind;
Er
hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er
fasst ihn sicher, er hält ihn warm.
So der Beginn einer
meiner Lieblingsballaden. Es ist „Der Erlkönig“ von Johann
Wolfgang von Goethe. Eine Ballade von schöner Wortwahl und
klingendem Versmaß, aber ebenso traurigem Inhalt, denn der kranke
Junge, der in seinen Fieberträumen den Erlkönig erblickt, kann
nicht gerettet werden. Er stirbt oder aber fällt dem Erlkönig zum
Opfer, je nachdem, wie man das Gedicht interpretiert. Dem Erlkönig
wird die Bedeutung zugetan, Kinder zu stehlen. Keiner weiß was in
seinen geheimen Höhlen im Wald mit ihnen geschieht. Eine Adaption
der Kindesentführung und möglichem Missbrauch. Zu Goethes Zeiten
ein unaussprechliches Thema, gern verpackt in Sagen und Mythen.
Das Thema
Kindesentführung, inklusive des sagenumwobenen Erlkönigs, greift
Tanja Heitmann nun in ihrem neusten Roman auf. Protagonist Silas
Sterner verschwindet als 7-jähriger spurlos und kriecht 10 Jahre
später aus dem Unterholz. Von Narben übersät und ohne jegliche
Erinnerung. Schon als Kind hat er irgendwie zwischen den Welten
gelebt, immer wieder von einem Reiter gesprochen, den weder er, noch
irgendein anderer Mensch zu Gesicht bekommen hat. Silas hat jedoch
nie etwas deutlicher vernommen, als den donnernden Hufschlag eines
Pferdes zwischen den Erlen.
„Was
ich für dich empfinde … Dafür ist keine übernatürliche Gabe
verantwortlich, sondern es ist meine Entscheidung, begriff Edie.
Keine, die ich in meinem Kopf getroffen habe, sondern mit meinem
Herzen.“
Der Hufschlag eines
Pferdes ist auch das, was Edie als erstes wahrnimmt, als sie mit
ihrem Vater, der sich eine Auszeit seiner Ehe nimmt, auf Wasserruh
eintrifft. Sie ist auch diejenige, die dem 17-jährigen Silas zum
ersten Mal begegnet. Die anwesend ist, als er aus einer Höhle in der
Erde kriecht. Doch warum? Warum ausgerechnet sie? Welche mysteriöse
Verbindung besteht zwischen den Beiden? Oder ist es reine Einbildung,
weil Edie dabei ist, sich in Silas zu verlieben? Welche Geheimnisse
verbirgt er vor ihr?
Zu Anfang kommt die
Spannung des Romans etwas schleppend in Gang, doch dann prescht Tanja
Heitmann, die bereits erfolgreich einige belletristische Romane,
sowie Jugendbücher, darunter die Reihe „Schattenschwingen“
veröffentlicht hat, in vollem Galopp nach vorn. Ein Geheimnis reiht
sich ans andere und ich habe nichts sehnsüchtiger erhofft, als
hinter Silas Rätsel zu kommen. Gekonnt kombiniert sie die
sagenumwobene Geschichte des Erlkönigs mit Romantik. Verbindet
Mysteriöses und Fantasy mit der realen Welt. Ich liebe solch ein
Spiel mit Einbildung und tatsächlich erlebtem, besonders dann, wenn
ich als Leser so mit hineingezogen werde, dass ich irgendwann nicht
mehr weiß, was denn nun reell ist und was nicht.
„
'Was du eine Gabe nennst, ist alles andere als ein Geschenk. Denn
wenn du wie ein Licht in der Dunkelheit strahlst, lockst du nicht
bloß Nachtfalter an.“ '
Ein weiterer
Pluspunkt des Romans sind neben der wunderbar geheimnisvollen
Atmosphäre, die Charaktere. Ganz vorn natürlich Edie und Silas, die
im Mittelpunkt stehen und die Geschichte mit ihrer Gabe, ihrem feinen
Gespür für Mysteriöses tragen. Aber auch die Nebenfiguren haben es
in sich. Sind sehr gut ausgewählt, kreiert als sympathische
Außenseiter. Etwas verrückt, aber mit viel Herz.
„Nebelsilber“
ist ein spannendes Must Read für alle Fans der Romantasy. Ohne
Kitsch, aber mit viel Spielraum für Spekulationen, vereint Autorin
Tanja Heitmann die geheimnisvolle Sage um den Erlkönig, den Prinz
der Dunkelheit, der kleine Kinder entführt, und der Möglichkeit,
sich den Feinheiten und Eigenarten der Natur „zwischen den Welten“
zu öffnen. Abgerundet mit einer netten Liebesgeschichte und einem
sehr stimmigen Ende, hat mir dieser Roman ein sehr kurzweiliges
(innerhalb weniger Stunden verschlungen!) Lesevergnügen bereitet.
Buchinfo:
cbt (November 2015)
400 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
ab 13 Jahren
16,99 €
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Oh man :D
AntwortenLöschenBisher habe ich Abstand vom Buch genommen, weil der KT mich nicht richtig ansprach, aber nun ...
Für alle Fans der Romantasy? Ohne Kitsch? *husthust* :D
LG ♥
Anna
Hallo Anna,
Löschenalso ich fand es nicht kitschig :D
Man muss allerdings schon ein bisschen bereit sein, sich auf diese Kombination "Zwischen die Welten" schauen, Sagen und Mythen und Realität einlassen können. Es ist vielleicht auch keine klassische Romantasy, aber ich fand es sehr spannend.
Vielleicht überlegst du es dir ja nochmal ;)
LG Nanni
Hey Nanni :)
LöschenÄhm das war ernst gemeint :D
Das *husthust* sollte hier heißen xD
Du hast mich nämlich echt heiß auf das Buch gemacht :P
Liebe Anna,
Löschendas ist auch meine volle Absicht :D
LG