George ist im Körper
eines Jungen geboren. Doch als Junge fühlt sie sich nun mal nicht.
Gerne wäre sie ein Mädchen. Würde sich ihr seidiges Haar kämmen,
schöne Kleider tragen und Pyjamapartys mit ihren Freundinnen feiern.
Niemand sieht was in
ihr vorgeht. Dass sich der Körper falsch anfühlt und der Geist
keine Möglichkeit hat sich frei zu entfalten. Wie soll sie ihren
Mitmenschen, ihrer Familie, erklären, dass es tief in ihr drin
brodelt und dass dieser Vulkan sie verbrennen wird, wenn es nicht
bald zum Ausbruch kommt? Einem Ausbruch, der Mut erfordert. Der sie
in ein anderes Licht stellen würde. Der auf sehr viel Gegenwehr
treffen würde. Der sie ein ganz Stück glücklicher machen würde.
„Aber
George hatte kein normales Problem. Sie hatte keine Angst vor
Schlangen; sie hatte keinen Mathe-Test verhauen. Die war ein Mädchen,
aber das wusste keiner.“
Mit großer
Begeisterung habe ich „George“, dieses kleine feine Büchlein,
das gerade mal etwas mehr als 200 Seiten hat, gelesen. Es ist so
klug, so aufrüttelnd, so emotional. Autor Alex Gino setzt das Thema
Transgender so um, dass jeder, der dieses Buch liest, ganz sicher
niemanden der sich im falschen Körper fühlt, schief ansehen wird.
Ich weiß nicht mehr
genau wie alt George ist, aber sie ist noch näher am Kind sein, als
auf dem steinigen Weg in die Pubertät des Jugendalters. Klug gewählt
von Gino, denn so verleiht er Georges Wunsch sie selbst sein zu
können, durch den naiven Erzählton ihres Alters mehr Nachdruck.
Ohne, dass der Leser Gefahr läuft Transgender auf Sexualität zu
reduzieren.
Es fällt leicht
George ernst zu nehmen. Denn es fällt leicht sie zu verstehen.
Bewusst nutze ich die weibliche Form der dritten Person, denn das
macht der Autor auch, weil George nun mal ein Mädchen ist und kein
Junge, ganz gleich welchen Namen ihre Eltern ihr gegeben haben. Ganz
egal, wie ihr Äußeres wirkt. Ihr Körper ist für sie derzeit nur
eine Hülle. Eine lästige Hülle, die sie nicht dafür nutzen kann,
um sich auszudrücken.
Und das ist genau
das, was Alex Gino so perfekt hinbekommt. Er zeigt, dass Transgender
sein so viel mehr bedeutet, als Jungs- oder Mädchenkleidung zu
tragen. Als allererstes bedeutet es eine schwere Last zu tragen, denn
von den Allerwenigsten ist Verständnis zu erwarten. In der Regel
nicht mal von der eigenen Familie, denn es entspricht nun mal nicht
der Norm sich in ein anderes Geschlecht zu wünschen und alles was
nicht der Norm entspricht, ruft Ängste hervor.
Ein kleines bisschen nachvollziehbar, denn ich wünsche meinem eigenen Kind, das es im richtigen Körper geboren ist. Ich stelle es mir unheimlich schwierig vor Körper und Geist in Einklang zu bringen, wenn sie gegeneinander arbeiten. Das vermittelt uns auch George, die – wie bereits angesprochen, sich eben nicht wie alle anderen über Kleidung und Frisur ausdrücken kann. Das tägliche Gefühl verkleidet zu sein, in eine Rolle schlüpfen zu müssen, finde ich extrem anstrengend.
Bücher wie „George“
sollten reichlich gekauft, gelesen und verschenkt werden. Es bringt
Licht in ein noch sehr wenig beleuchtetes Thema, das sicherlich in
vielen Familien unter den Tisch gekehrt wird. Ich glaube, dass es
tatsächlich leider so ist, dass in der Realität die wenigsten
Schicksale so eine positive Richtung einschlagen, wie das von George.
Und warum? Weil Transgender auf zu wenig Toleranz treffen. Alex Gino
arbeitet dagegen. Er betreibt Aufklärung, sorgt für Verständnis,
macht Hoffnung und Mut. Ein toller Roman. Einfühlsam und
eindringlich. Ein Roman, der für ein besseres Miteinander sorgen
kann.
Buchinfo:
208
Seiten
Gebunden
mit Schutzumschlag
14,99
€
Übersetzung:
Alexander Ernst
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