27.05.19

Hannah und ihre Brüder | Ronald H. Balson





Bei einer Gala wird ein angesehener jüdischer Bürger Chicagos vom hochbetagten Ben Solomon bedroht und beschuldigt, ein SS-Offizier zu sein. Obwohl alles auf eine Verwechslung hinweist, engagiert Ben die Anwältin Catherine Lockhart und ihren Ermittler Liam Taggart – er ist sich sicher, seinen Ziehbruder zu erkennen, der einst Bens Familie und seine Geliebte Hannah verriet. Bei ihrer Recherche stoßen Catherine und Liam auf das Schicksal dreier Kinder im kriegszerrütteten Polen, die wie Geschwister aufwachsen und einander als Feinde wiederbegegnen. Aber beschuldigt Ben den Richtigen?(Text & Cover: Aufbau Verlag; Foto: N. Eppner)


"Hannah und ihre Brüder" spielt während der tragischsten Zeit unserer deutschen Geschichte und erzählt von Verlusten und Schuld, von Familie und Liebe.

Catherine Lockhart lässt sich von Ben Solomon dazu überreden die riskanteste Gerichtsverhandlung ihres Lebens zu führen. Sie klagt Elliot Rosenbaum an nicht der zu sein, der er vorgibt zu sein, sondern Otto Piontek. Verbrecher des Nationalsozialismus. Es steht Aussage gegen Aussage und doch ist das Gleichgewicht zwischen den beiden Männern unverhältnismäßig. Ben wird von Gefühlen geleitet, scheint etwas neben der Spur und holt sich Ratschläge bei seiner toten Frau und Rosenbaum ist Milliardär, Gönner und angesehenes Mitglied seiner Heimat. Ein spannender Zweikampf, der eine Reise in die Vergangenheit voraussetzt, beginnt.

Bücher, in denen der zweite Weltkrieg, in denen Nationalsozialismus Gegenstand der Betrachtung ist, sind wichtig und umungänglich. Balson geht dieses Thema auf eher amerikanische Art an. Er selbst schreibt in seiner Danksagung, dass es ihm um den Roman an sich geht, um Liebe und Verlust, um Familie, dass er seine Geschichte aber in einem realen Setting einbetten wollte. Egal, wie es umgesetzt wird - Nationalsozialismus muss in unseren Köpfen bleiben, um nicht nochmal so viel Gewicht zu bekommen.

Die Härte dessen, was im zweiten Weltkrieg geschehen ist, bekommen wir in "Hannah und ihre Brüder" definitiv zu spüren. Balson hat gut recherchiert und bringt die historischen Fakten gut rüber. Ich hatte das Gefühl durch die Erzählung wieder ein bisschen mehr über den Nationalsozialismus zu erfahren. Noch mehr Struktur in mein Wissen zu bringen. Vor einigen Jahren bin ich in Lublin gewesen, habe einen der Schauplätze des Romans selbst besucht und konnte daher gut mit Ben in dessen Heimat reisen. Dennoch fehlte mir während großen Teilen des Romans eindeutig die Tiefe, die mich noch emotionaler mit der Geschichte verbunden hätte.

Der Aufbau des Romans ist richtig spannend. Immer dann, wenn ich fest davon überzeugt war, dass Ben Recht hat und kein alterndes Kriegsopfer ist, das durch Traumata in falsche Erinnerungen verstrickt ist, wechselt der Autor zu Rosenbaum, der glaubwürdig versichert nicht Otto Piontek zu sein. Ein Spannungsbogen, der zum Ende hin noch mal so sehr in die Höhe schnellt, dass ich alles um mich herum vergesse. Auf den letzten Seiten gelingt es Balson auch noch mit zwei Liebesgeschichten, die verschiedene Wege gegangen sind, meine emotionale Seite zu triggern und mich zu Tränen zu rühren. Alles in Allem ist "Hannah und ihre Brüder" eine spannende Geschichte, der es zwar etwas an Tiefe fehlt, die es sich aber trotzdem zu lesen lohnt.


Buchinfo:

Aufbau (2019)
498 Seiten
ÜBERSETZUNG: Gabriele Weber-Jaric 



Rezensionen: 2019, Nanni Eppner

2 Kommentare:

  1. Hallo Nanni,
    dieses Buch werde ich auch bald lesen! Der Klappentext hat mich gefangen und nun warte ich auf mein Exemplar. Ich lese auch viel #GegenDasVergessen an und finde solche Bücher wichtig. Vom Autor habe ich bereits "Karolinas Töchter" gehört und war begeistert. Kennst du das Buch auch? Falls nicht, empfehle ich es dir. Falls du magst, HIER ist meine Kurzmeinung zum Buch.
    GlG, monerl

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    1. Hallo,

      vielen Dank für den Tipp. Bisher hatte ich nur von dem Buch gehört, es aber noch nicht gelesen.
      Ich finde es mega wichtig solche Bücher zu lesen, egal ob sie sehr literarisch oder eben mehr auf der Unterhaltungsebene aufgebaut sind. Ich hab neulich gehört "je mehr ich über den Nationalsozialismus weiß, desto klüger bin ich und desto klüger kann ich das Thema an meine Kinder weitergeben". Sehr wahr.

      Liebe Grüße,
      Nanni

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