29.05.21

Die Geschichte von Kat und Easy | Susann Pásztor





Vom Leben, wie es hätte sein können – und vom großen Glück, dass es anders gekommen ist als gedacht.
Sie sind nicht mehr die Teenager, deren Freundschaft vor einem halben Jahrhundert auf tragische Weise endete. Das wissen Kat und Easy, als sie sich auf Kreta treffen. Aber wer sind sie jetzt, und wer waren sie damals? 1973 wird ihr Jahr. Das schwört Kat ihrer Freundin Easy in der Silvesternacht, und nicht nur, weil sie bekifft sind. In den folgenden Monaten können sie viel von dem abhaken, was auf ihrer Liste steht. Sich zu verlieben, zum Beispiel. Unglücklicherweise in denselben Mann: Fripp arbeitet im Jugendzentrum, trägt karierte Hemden und kennt sich mit Hesse aus. Doch es ist nicht etwa die Eifersucht, die ihrer Freundschaft bald darauf ein jähes Ende setzt, sondern ein tragischer Unfall. Fast fünfzig Jahre später erhält Kat, die einen erfolgreichen Blog für Lebensberatung führt, eine Nachricht von Easy. In einem alten Haus an der Südküste Kretas treffen sie sich wieder und nehmen zwischen ausschweifenden Festen mit griechischen Nachbarn und rauschhaften Nächten am Strand das große Stück Leben in den Blick, das hinter ihnen liegt. Doch erst, als ein überraschender Besucher auf die Insel kommt, ist es ihnen möglich, sich der entscheidenden Frage zu stellen: Warum nur haben sie so unterschiedliche Erinnerungen an die Zeit mit Fripp? Mit einzigartigem Humor und psychologischer Scharfsicht erzählt Susann Pásztor von den wundervollen und schrecklichen Unwägbarkeiten des Lebens, und der Kunst, ihnen zu begegnen.
(Text & Cover: © Kiepenheuer & Witsch; Foto: © N. Eppner)

Beim Lesen von Susann Pásztors Roman "Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster" wusste ich, dass ich mehr von der Autorin lesen möchte. Es ist, als ob sie in eine Menschenmenge hinein geht, zwei oder mehrere Personen herausgreift und beginnt deren Lebensgeschichte aufzuschreiben. Es ist ihr Blick fürs Detail, für die kleinen Sehnsüchte, für die feinen Nuancen, die mich so begeistern. So, als könne sie den Menschen in die Seele schauen.

In ihrem Erzählstil kommt sie ganz ohne Action aus und weiß die kleinen Dinge des Alltags, die scheinbar banalen Abläufe des Lebens in Szene zu setzen. Clever, humorvoll, authentisch. 

"Die Geschichte von Kat und Easy" ist die Geschichte zweier Sommer. Schnittpunkte vieler Lebensgeschichten, die voneinander beeinflusst werden. In ihrer Jugend verbringen Kat und Easy, die bis dato noch Isi war, viel Zeit miteinander. Easy bewundert Kat. Ihre erwachsene Haltung, ihr Wissen darüber, wie das Leben so läuft. Kat bewundert Frippe. Möchte dazugehören und doch nicht. Individuell sein ist das non plus ultra. Gefallen wollen das, was tief drinnen der Antreiber ist. 

50 Jahre später treffen Kat und Easy wieder aufeinander. Easy hat ihre alte Freundin gesucht, hat sie nie vergessen, während Kat ihr Leben lebte, ohne einen Gedanken an Easy zu verschwenden. Doch jetzt sind sie beide da, auf dieser Insel in Griechenland, wo Easy scheinbar die Heimat gefunden hat, die sie jahrelang in Beziehungen suchte. Es ist ein Treffen zur Aufarbeitung dessen, was damals geschah. 1973, als viel zu viel gekifft wurde, Easy sich darin verlor erwachsen sein zu wollen und Kat in der Eloquenz Fripps. Dem jungen Mann, der ihrer beider Leben durcheinander wirbelte. 

Es hat etwas von Coming of Age, denn in meinem Bauch ist sofort dieses Gefühl des Erwachsen seins, das auch ich mit 15/16 hatte. Heute kann ich darüber lachen, früher wollte ich vor allem ernst genommen werden. Dazugehören, gefallen wollen. Den Freundinnen, denen, an denen wir unser Herz verloren, denen, von denen wir glaubten, dass wir ohne sie nicht leben könnten. In einer Zeit, in der wir von Theatralik und Sehnsüchten geleitet werden, gerieten Kat und Easy in eine Spirale, die sie fünfzig Jahre später noch begleitet.

Susann Pasztór springt zwischen den Zeiten. Erzählt mal aus den 70ern (in denen eindeutig zu viel gekifft wurde) und mal aus der Gegenwart. Ich weiß gar nicht, welche Ebene ich mehr mag. Beide faszinieren mich. Das Zusammenspiel beider Lebenszeiten ist es, was diese Geschichte so besonders, so fesselnd machen. Welche Abzweigungen im Leben sorgen dafür, dass wir dort landen, wo wir heute sind? Wie viel davon haben wir selbst in der Hand? Wo lassen wir uns mitreissen? Wo treiben? Belastet uns irgendwann ein "was wäre wenn?" oder gelingt es uns loszulassen? Abzuschließen? Zu verarbeiten?

Susann Pasztór hat mal wieder einen sehr klugen Roman geschrieben über eine Geschichte, die so tatsächlich hätte passiert sein können. Meiner Nachbarin, meiner Oma, der Mutter meiner besten Freundin. Eine Geschichte, die mich begeistert, mitnimmt, die mir Stoff zum Nachdenken bietet. Es lohnt sich sehr Kat und Easy kennenzulernen.


Buchinfo:

Kiepenheuer & Witsch (2021)
272 Seiten
Hardcover 


Rezensionen: © 2021, Nanni Eppner




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