26.11.24

Und morgen wieder schön | Marie Sand





Als Amanda mit ihrem Skizzenbuch im Rockbund in Paris ankommt, will sie nur eins: Karl Lagerfeld treffen und für ihn die Frisuren zeichnen. Aber so einfach wie Amanda, die aus dem kleinen Eifeler Friseurladen ihrer Mutter geflüchtet ist, sich das vorstellt, scheint es nicht zu werden. Der Weg ist steinig und lang – und doch avanciert sie als talentierte Friseurin zum Liebling der High Society der

1970er-Jahre, als sie Françoise Hardy den schrägen Pony verpasst und damit den Look einer ganzen Generation prägt. Auf der Höhe des Erfolgs aber erkrankt ihre Freundin an Brustkrebs.
Amanda begreift, was der Verlust der Haare unter der Chemotherapie mit Frauen macht. Damit trifft sie eine Entscheidung, von der sie später sagen wird: „Ich hätte etwas in meinem Leben versäumt, hätte ich diese Arbeit nicht getan.“
(Text & Cover: Droemer Knaur; Foto: N. Eppner)

Amanda zieht es vom beschaulichen Friseursalon der Mutter in die große, weite Welt. Nach Frankreich. Paris. Stadt der Möglichkeiten für all diejenigen, die sich nach Schönheit sehnen und diejenigen, die mit Schönheit ihr Geld verdienen. Wie Karl Lagerfeld z.B. Er ist Amandas großes Vorbild. Sie orientiert sich an ihm, versucht ihm nachzueifern und bei ihm vorstellig zu werden, um den Traum von der Star-Coiffeurin wahr werden zu lassen. Schnell kommt die Ernüchterung. Lagerfeld ist nicht gewillt sie unter ihre Fittiche zu nehmen. 

Statt mit ihm ins Rampenlicht zu treten, findet sie in der Dunkelheit des Untergrunds eine beste Freundin. Die verrückte Catherine, die eifrig ihren Weg geht. Amanda muss erkennen, dass es gar nicht unbedingt der Schatten eines berühmten Menschen ist, durch den sie ins Licht treten kann, sondern dass sie erst dann so richtig zu strahlen beginnt, wenn sie ihre eigenen Ideen, ihren eigenen Stil einsetzt.

Diese Chance bekommt sie zum ersten Mal bei Françoise Hardy. Plötzlich ist sie berühmt, bekannt und doch ist es etwas anderes, das ihr Herz rührt: die Schönheit der Frauen hervorzuheben, die ihre Haare verloren haben. Diejenigen, die an Krebs erkranken und in der Chemotherapie ihre Haare opfern. Die Frauen, die neben ihrer Gesundheit auch noch ihre Schönheit einbüßen und damit auch einen Teil ihrer Identität.

Amandas berührende Geschichte beruht auf einer wahren Biografie. Mit sanften Klängen, einer dem bewegenden Thema angepassten Poesie, schreibt Marie Sand vom Verlust der Identität, von Träumen, Sehnsüchten und davon, wie es ist dem Herzen zu folgen. Ist der Weg noch so steinig - gehen wir ihn aus tiefstem Herzen, erfüllt er uns auf eine ganz besondere Art. 

Mich hat das Buch auch persönlich berührt. Wir reden immer davon wie unwichtig das eigene Aussehen doch ist und das sollte es auch eigentlich sein. Doch als meine Mama an Krebs erkrankte, als sie an Schläuchen hing und immer mehr von ihrem Körper verschwand, da war ich so unendlich dankbar dafür, dass die Chemo ihr nicht ihre Haare genommen hat. Es hat ihr auf eine besondere Art ihre Würde bewahrt, die sie an anderen Stellen einbüßen musste. Wie wundervoll ist es, dass es Menschen gibt, die in so schweren Situationen respektvoll unterstützen und Frauen ihre Würde wiedergeben, durch die Geste sie in ihrer Schönheit zu sehen, zu bestärken und diese  wiederherzustellen.


Buchinfo:

Paperback 16,99 €
288 Seiten


Rezensionen: 2024, Nanni Eppner

28.10.24

Die Unbändigen | Emilia Hart (Übersetzung: Julia Walther)




Ich bin eine Weyward und trage das Wilde in mir.

KATE, 2019
Kate flieht aus London und lässt alles zurück – endlich hat sie die Kraft gefunden, den Mann zu verlassen, der ihr Leben kontrolliert. Sie findet Zuflucht im Weyward Cottage im Norden Englands, das sie von ihrer Großtante Violet geerbt hat. Dort stößt Kate aber auf verstörende Gerüchte und auf ein sorgsam gehütetes Geheimnis, das sie tief in die Geschichte ihrer Vorfahren führt, bis zurück in die Zeiten der Hexenjagd.

VIOLET, 1942
Violet liebt die Natur über alles. Sie sammelt weitaus lieber Insekten und klettert auf Bäume, als sich an die strengen Benimmregeln für junge Damen zu halten. Dann verändert die folgenschwere Begegnung mit einem Mann das Leben der jungen Frau für immer.


ALTHA, 1619
Altha ist der Hexerei angeklagt – sie soll einen Mann getötet haben. Bekannt für ihr abgeschiedenes Leben als unabhängige Frau und für ihre besondere Verbindung zu den Tieren ist sie eine Bedrohung, die beseitigt werden muss.

Drei Frauen kämpfen in drei verschiedenen Zeitaltern um ihre Unabhängigkeit – aber ihre Geschichten sind weitaus enger verwoben, als es anfangs scheint.

(Text & Cover: Harper Collins; Foto: N. Eppner)

In diesem Jahr hat mich kein Buch so sehr positiv überrascht wie "Die Unbändigen" von Emilia Hart. Der Roman, der zeigt wie versucht wird die Kraft von uns Frauen seit Jahrzehnten zu unterdrücken und wie es uns doch gelingt das Wilde in uns, die Kraft, Stärke und Mut, auch in schwierigen Situationen zurückzugewinnen, ist für mich ein absolutes Highlight.

Erzählt wird auf drei Ebenen, in drei verschiedenen Zeitaltern. Altha lebt im Jahr 1619. Sie ist Heilkundig, empathisch, nimmt die emotionalen Schwingungen von Menschen und der Natur um sich herum auf, hilft, handelt. Etwas, das den Männern ihrer Zeit Angst macht. Sie wollen keine starke Frau, wollen keine Konkurrenz, niemanden, dem sie etwas an Macht oder Ruhm abgeben müssen. Altha passt nicht in ihre Köpfe und so wird sie, wie viele Frauen ihres Zeitalters, als Hexe angeklagt. Wir verfolgen ihren Prozess, die Absurdität der Vorwürfe, die man ihr macht. An den Haaren herbei gezogen aus Angstvor ihrer Stärke.

Etwas mehr als 300 Jahre später lebt Violet. Auch sie fühlt sich mit der Natur verbunden, aber nicht mit den Konventionen, die man Frauen ihrer Zeit auferlegen möchte. Gefühlt hat sich in 300 Jahren nichts geändert. Frauen sollen nicht in Männerberufe, Frauen sollen Kinder kriegen, Zuhause bleiben, ihren Männern gehorchen. Violet möchte das nicht. Lehnt sich auf. Gegen ihren Zukünftigen, gegen ihren Vater. Auf ihrer Seite ist die Natur, mit der sie im Einklang ist, mit der sie in Harmonie schwingt. 

Wir reisen in die Gegenwart, in der Kate lebt, die in einer modernen aufgeklärten Welt lebt, doch auch sie wird Opfer eines Mannes. Opfer männlicher Gewalt, Opfer eines Systems, das immer noch darauf ausgelegt ist, dass Männern mehr Rechte, mehr Fähigkeiten, mehr Möglichkeiten zugesprochen werden. Ein System, das weiterhin versucht Frauen klein zu halten. Auf der Flucht vor ihrem Lebensgefährten, landet Kate im Weyward Cottage. Einem alten Landgut ihrer Familie. Dort spürt sie die Kraft ihrer Ahninnen, der Natur und findet auch ihre eigene zurück, um sich zur Wehr zu setzen.

"Die Unbändigen" ist ein sehr eindringliches Buch. Düster, berührend und voller Energie. Es ist trotz seines Unterhaltungscharakters ein lehrendes Buch. Eins, dass den Blick schärft, das zu Verbundenheit aufruft, zu Schwesternschaft und zu Mut. Ich kann es nur allen Leserinnen und Lesern ans Herz legen.


Buchinfo:

416 Seiten
Hardcover 22,00 €
Taschenbuch ab Dezember 2024


Rezensionen: 2024, Nanni Eppner

25.10.24

Fable: Der Gesang des Meeres | Adrienne Young (Übersetzung: Elisabeth Schmalen)



 

Fable ist eine Kämpferin. Seit sie als Kind von ihrem Vater ausgesetzt wurde, schlägt sie sich als Schürferin von wertvollen Steinen durch. Als sie eines Tages auf dem Handelsschiff von West anheuert, sieht sie eine Möglichkeit, ihren Vater zu finden und ihren rechtmäßigen Platz als seine Erbin einzunehmen. Doch das Meer und die, die es befahren, sind gefährlich. Und auch West ist nicht der, der er zu sein scheint. Fable muss um das kämpfen, was ihr gehört und was ihr Herz gern möchte ...
(Text & Cover: arsEdition, Foto: N. Eppner)

Der Einstieg in den ersten Teil der Dilogie um Fable, die Schürferin, die Tochter eines Schiffskapitäns, fiel mir nicht ganz leicht. Ich musste mich erst einmal orientieren in ihrer rauen Welt, in der sie täglich ums Überleben kämpft, und darum ihr Ziel zu erreichen: Jeval zu verlassen und ihren Vater zu finden. Der hat sie nach dem Sinken seines eigenen Schiffes einfach im Stich gelassen zwischen all diesen Verbrechern und gierigen Schurken auf Jeval. Es gelingt Fable auf dem Schiff von West anzuheuern und zunächst einmal zu überleben. Aber die Gefahr lauert buchstäblich hinter jeder Seite.

Es fällt mir etwas schwer meine Worte zu sortieren, meine Gedanken zu Fable, denn lange Zeit war ich orientierungslos in ihrer Welt. Habe einige Handlungen nicht nachvollziehen können und mich gefragt, wo die Autorin hin möchte. Doch dann nimmt die Geschichte immer mehr an Fahrt auf. Einige Schritte erklären sich, die Handlung wird runder, immer spannender und am Ende gibt es einen Cliffhanger, auf den ich nicht vorbereitet war. 

Ich mag Fable. Mochte sie von Anfang an. Zunächst ist sie auch die einzige sympathische Person, der ich in Jeval begegne. Ansonsten treiben sich dort nur geldgierige Halunken herum, die für den kleinsten Betrag das Leben eines anderen Menschen auslöschen würden. Mir scheint es anfangs so, als sei auch West nicht besser. Doch dann lerne ich ihn und seine Mannschaft besser kennen. Sie sind rau. Weil sie es sein müssen. Doch jede*r einzelne von ihnen trägt eine Geschichte in sich, die sie mir näher bringen, die auch sie sympathisch werden lassen und so fühle ich mich am Ende des Buches so sehr mit ihnen verbunden, dass ich unbedingt wissen möchte, wie es mit ihnen weitergeht. Zum Glück erscheint der zweite Teil schon im Oktober 24.

Buchinfo:

352 Seiten
Printausgabe 18,00 €


Rezensionen 2024, Nanni Eppner

08.10.24

Yrsa. Journey of Fate | Alexandra Bröhm (Eine Wikingerin Bd. 01)





Yrsa ist eine junge Wikingerin, die sich seit vier Jahren allein um ihrem Bruder Sjalfi kümmert. Schmerzvoll haben die beiden ihre Mutter verloren. Als Yrsa eines Tages von der Jagd nach Hause kommt, ist Sjalfi verschwunden. Verzweifelt macht sie sich auf die Suche und den gefährlichen Weg nach Haithabu: durch dunkle Wälder, auf ihren Fersen ein Mann, der sie aufhalten will. Doch Yrsas Traum war immer schon, eine Kämpferin zu werden. Und dies hier wird ihr erster Kampf sein: gegen die unwirtliche Natur, gegen Männer, deren Geheimnisse sie nicht aufdecken soll, für den Glauben an das Gute. Und für die Liebe zu dem jungen Krieger Avidh.
(Text & Cover: Ullstein; Foto: N. Eppner)

War das ein Lesevergnügen! Obwohl natürlich nicht alles vergnüglich ist auf Yrsas Reise, in Yrsas Welt, einer Zeit, in der Frauen wenige Rechte hatte. Wobei ich doch erstaunt war, welch hohen Stellenwert die Frauen der Wikinger hatten. Zumindest diejenigen, die mit einem Mann verheiratet waren. Am besten mit einem, der was taugt. Anpacken oder kämpfen kann.

So eine Frau möchte Yrsa nicht sein. Nicht werden, obwohl der Schmied Njáll ihr attraktive Angebote macht. Yrsa möchte eine Kriegerin werden. Nicht hilflos sein, nicht abhängig, sondern kraftvoll. Und selbstbestimmt leben und durchs Land ziehen können. Zum Kämpfen kommt sie schneller als geplant, als ihr Bruder Sjalfi verschwindet und sie sich auf die Suche nach ihm macht. Diese wird ihr vor allem durch Njáll erschwert, der so begeistert ist vom Gedanken eine junge Frau wie Yrsa als sein Eigentum bezeichnen zu können, dass er alles mögliche in Gang setzt, um Yrsa zu Finden und zurückzuholen. Im Notfall mit Gewalt.

Yrsa ist eine weibliche Figur, die sowohl in ihre Zeit passt, als auch in die Moderne zu transferieren ist. Sie setzt sich zur Wehr gegen patriarchale Strukturen, die ihr auf vielfältige Weise begegnen. Yrsa trotzt ihnen aus eigener Stärke heraus und dem Willen ihren Weg zu gehen und holt ihre Stärke nicht - wie so oft in historischen oder fantastischen Romanen - aus den Verletzungen, die ihr zugeführt werden und das gefällt mir besonders. Sie ist nicht frei von Narben und Scham, die ihr durch Männer zugefügt wurde, aber ihre Kraft trägt sie in sich und dort holt sie diese auch heraus, um ihren eigenen Weg zu gehen.

Historikerin Alexandra Bröhm erzählt eine gut recherchierte und authentisch erzählte Geschichte einer jungen Frau, in die sie die Traditionen und Gebräuche, sowie den Lebensstil der Menschen zur Zeit der Wikinger mit einfließen lässt. Das macht den Roman so wunderbar lebendig und äußerst spannend. Passend zum Buch postet Alexandra Bröhm auf ihrem Instagramkanal kleine Beiträge über die historischen Fakten, die im Roman verarbeitet werden. Sehr spannend und informativ.

"Yrsa. Journey of Fate" ist für mich in diesem Jahr ein Highlight im Genre historische Romane und ich freue mich sehr, dass es einen weiteren Band geben wird, der voraussichtlich im Juli 2025 erscheinen wird.


Buchinfo:

592 Seiten 
Paperback 17,99 €
eBook 14,99 €

30.08.24

Alle wissen hier alles | Mareike Krügel


 

Martina Voß kennt sich aus mit den nicht so schlimmen Kleinigkeiten, die einer Frau zustoßen können. Deshalb nimmt sie ohne lange nachzudenken Kasia und ihre Tochter auf. Platz hat sie in ihrem großen Haus, nachdem sie sich von ihrem Mann getrennt hat.

Außerdem ist Sommer, und die Welt verliert ihre Ecken und Kanten, wenn die beiden Frauen Apfelsaft mit Wodka trinken. Aber lange kann das nicht gutgehen. Denn im Dorf wissen immer alle alles.

Zielstrebig und intelligent, ohnmächtig und töricht: Als unzuverlässige Erzählerin bietet diese Heldin keine einfachen Wahrheiten an. Ein Roman der leisen, fast unbewussten Revolte und eine verunsicherte Heldin, die uns unrettbar in ihre Welt mitnimmt.
(Text & Cover: Piper; Foto: N. Eppner)

Frau kennt diese Art Wunden, erkennt sie, wenn eine andere Frau sagt, sie sei gegen einen Schrank gelaufen. Die Treppe herunter gefallen. Sie sei nun mal tollpatschig. Das Abwerten der eigenen Person, das sich so normal anfühlt, weil es ihnen ständig vom Gegenüber vor Augen geführt wird. Auch Martina weiß, wie es ist der körperlichen Überlegenheit eines Mannes ausgeliefert zu sein und weil sie vielleicht auch noch so ein kleines ungesundes Helfersyndrom hat, nimmt sie Kasia kurzerhand mit nach Hause, als diese morgens mit einem dicken Bluterguss vor der Stirn die Tochter in den Kindergarten bringt.

Damit zieht Martina eine Kettenreaktion in Gang, mit der sie nicht gerechnet hat. Einem Mann einfach so die Frau nehmen, für deren Unterdrückung er jahrelang gearbeitet hat. Wo kommen wir denn da hin? Was Mareike Krügel mit Sarkasmus versucht aufzulockern, fühlt sich dennoch beklemmend an. Weil so viel Realität darin steckt. So viel: ja, so könnte es tatsächlich laufen. So viel: ja so mahlen die Mühlen des Patriarchats.

Martina und Kasia sind Opfer der männlichen Macht auf verschiedenen Wegen. Man glaubt ihnen weniger, als den Männern, sie werden gemieden und auch innerhalb der Frauenbeziehungen, die sie über die letzten Jahre aufgebaut haben, gibt es sie: die Strukturen des Patriarchats, die dafür sorgen, dass Frauen nicht nur hilfsbereit aufeinander zu gehen und sich unterstützen, sondern dass eine Kluft zwischen sie getrieben wird. Aus der Ohnmacht wird die Wut aufeinander, das Misstrauen gegenüber anderen Frauen, statt Verbundenheit ausleben zu können.

Es war beklemmend zuzusehen, wie Martina und Kasia immer mehr Selbstbestimmung entzogen wurde, wie sie mehr oder weniger gezielt manipuliert wurden, wie ich mit ansehen musste, wie sie ins Verderben laufen, ohne etwas dagegen tun zu können. Wie man ihre Aussagen gegen sie verwendete, weil man modern denken will und gleichzeitig so altmodisch darin verharrt, was schon immer irgendwie funktioniert hat. Veränderung, Auflehnung kostet Kraft.

Mareike Krügel zeigt hier Strukturen auf, in denen wir uns alle befinden. Frauen wie Männer in unterschiedlicher Form. Um aus der Opferrolle in die Selbstermächtigung zu kommen, bedarf es Bücher wie diese, die unser Wissen erweitern, unseren Blick schulen für die Situationen, in den wir klein gehalten werden, in denen das Patriarchat um seinen Verlust an Kontrolle bangt. Gut, dass wir Bücher mit solchen Geschichten, Bücher von Frauen haben, die uns mit Wissen, mit Aufklärung, ein Werkzeug an die Hand geben, das fundamental wichtig ist, um etwas zu verändern. 


Buchinfo:

208 Seiten
Hardcover 22,00 €


Rezensionen: 2024, Nanni Eppner

02.08.24

Cascadia | Julia Phillips (Übersetzung: Silvia und Roberto de Hollanda)



 

Auf einer Insel im Nordwesten der USA lebt Sam mit ihrer Schwester Elena und der schwerkranken Mutter in ärmlichen Verhältnissen. Sam arbeitet auf der Fähre, die die wohlhabenden Urlauber zu ihren Feriendomizilen bringt, während Elena im Golfclub kellnert. Sie beide träumen von einem besseren Leben, davon, woanders neu anzufangen.Dann, eines Nachts, erblickt Sam einen Bären, der durch die dunklen Gewässer vor der Küste schwimmt. Noch kann sie nicht ahnen, dass das wilde Tier die Welt der beiden Schwestern aus den Angeln heben und ihren lang gehegten Traum in Gefahr bringen wird.
(Text & Cover: Hanserblau, Foto: N. Eppner)

Zwei Schwestern, die als Symbiose zusammenleben. Elena, diszipliniert, verantwortungsbewusst, autonom, sorgt für die kranke Mutter und erarbeitet Geld, um der jüngeren Schwester das College zu finanzieren. Sam, die im Gegensatz zu Elena verlorener wirkt, die ihre Mutter liebt, aber deren Versorgung nur rudimentär auf dem Schirm hat und die entgegen der Absprache, dass sie zwei Schwestern niemanden in ihr Leben lassen und sich nur aufeinander stützen, mit einem Kollegen schläft.

Dann kommt der Bär. Schleicht sich in das Leben der zwei Schwestern, zwischen die beiden. Kratzt an der Fassade des Hauses und auch an der ihrer Schwesternschaft. Elena ist fasziniert, überwältigt von seiner Kraft, seiner Eleganz und der Tatsache, dass sie sich ihm nähern kann. Sie hat keine Angst, spürt nur Ehrfurcht und Verbundenheit. Sam hat das Gefühl ihre Schwester an den Bären zu verlieren. Wendet sich gegen ihn und damit gegen Elena. Ein ungeahnter Strudel wird in Bewegung gesetzt, der genau das bewirkt, was Sam versucht zu verhindern.

Die Atmosphäre des Buches passt zur Schwüle diesen Sommers. Schwer lastet die Spannung zwischen den beiden Schwestern, die sich mehr und mehr aufbaut, auf den Lesenden. Es braut sich etwas zusammen, das sich irgendwann entladen wird, entladen muss. Die Gefahr rollt wie ein krachender Donner über die Familie hinweg und reißt am Ende wen mit.

Julia Phillips spannt das komplexe, schwierige Netz auf dem Familiensysteme oftmals aufgebaut sind, hier auf der Geschichte zweier Schwestern auf, die sich augenscheinlich so nah sind, das kein Staubkorn zwischen sie passt und doch ihrer Wege gehen müssen, da es nun mal so ist, dass Menschen individuell sind und ihre Freiräume brauchen. Den Bär als Mittel zum Zweck zu nutzen das ganze System unter Spannung zu setzen, bis es zerreißt, hat mir ebenso gut gefallen wie der Gedankenanstoß was Nähe und Vertrauen ausmacht. Was Familie und Geschwister sein bedeutet. Aufopferung? Oder Loslassen? Kann ein System funktionieren, dass sehr eng ist, aber Komponenten darin getrieben sind vom Wunsch nach Freiheit? Eine spannende Umsetzung vor der Kulisse des Nordwesten der USA mit dem rauen Touch der Natur, der von uns so gern romantisiert wird. Als kleine Kritik bleibt mir zu sagen, dass die Autorin mich emotional wenig erreicht hat und ich mit eher flachen Gefühlen gegenüber dem Roman zurückbleibe.


Buchinfo:

272 Seiten
Hardcover mit Schutzumschlag
23,00 €


Rezensionen: 2024, Nanni Eppner

30.06.24

#dickebüchercamp 2024




 Alle Jahre wieder...

... packen wir im Juni die Koffer, um im Juli ins #dickebüchercamp einzuziehen. Das war mal so eine verrückte Idee von Marina, um den dicken Büchern im Regal mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ich muss sagen ich finde die Sommermonate eher ungünstig für dicke Bücher, weil ich selbst die im Herbst oder Winter bevorzuge, aber trotzdem bin ich jedes Jahr - mehr oder weniger erfolgreich - dabei. 

Für dieses Jahr habe ich mir ganz optimistisch 4 Bücher rausgesucht. Ich liebe es ja Listen zu machen und ich liebe es genau so sehr diese wieder über den Haufen zu werfen und etwas ganz anderes zu tun. Zum Bsp. ganz andere Bücher zu lesen. 

Prinzipiell möchte ich mit "Die verborgene Stadt Percepliquis", dem sechsten und letzten Band der "Riyria"-Reihe beginnen, denn diese Serie möchte ich eigentlich schon seit einem halben Jahr abschließen.

Als weiteren Fantasyroman habe ich mir "Die Stadt aus Messing" von S.A. Chakraborty übersetzt von Kerstin Fricke, rausgesucht. Ich freue mich darauf, weil Steffi das Buch schon oft empfohlen hat und auch auf das orientalische Setting, aber ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das Buch nicht doch noch mal gegen etwas leichteres austausche (also leichter vom Schreibstil, nicht vom Gewicht, denn mind. 500 Seiten sind Pflicht, um am #dickebüchercamp teilnehmen zu dürfen).

"Demon Copperhead" von Barbara Kingsolver, übersetzt von Dirk van Gunsteren, musste ich unbedingt kaufen, weil ich dem Hype darum nicht entgehen konnte. Meine Freundin Sarah, die es ebenfalls sehr mochte, hat es mir auf den Urlaubsstapel gepackt.

Um "Das Gemälde" von Geraldine Brooks übersetzt von Judith Schwaab bin ich in der Buchhandlung ganz oft herum geschlichen. Es ist ein Pferd auf dem Cover...I mean...! Dann habe ich bei Alex gesehen, dass sie es mochte und dank ihrem Zuspruch bin ich dann nochmal in den regionalen Bookstore und habe es adoptiert.

Kennst du das #dickebüchercamp? Bist du vielleicht sogar auch dabei? Wenn ja mit welchen Büchern? Oder packst du jetzt vielleicht noch spontan deine Büchertasche und dein fiktives Zelt und kommst mit auf Reisen?

#dickebüchercamp2018 

#dickebüchercamp2020

#dickebüchercamp2021