Emely liebt Quizshows und ganz besonders liebt sie es, sich diese gemeinsam mit ihrer Mutter anzuschauen. Ihre Mutter ist für sie die »Königin des Silberregens« beziehungsweise war sie das. Denn statt Fragen zu beantworten, wirft sie momentan eher welche auf. Warum schläft sie so viel? Warum steht sie morgens oft nicht auf? Und wie kann Emely das vor den Nachbarn, Lehrern und ihrem besten Freund Mathis verheimlichen?(Text & Cover: ©Mixtvision; Foto: ©N. Eppner)
Emelys Mama ist so oft müde. Darum muss sie viel schlafen. Sie verschläft, dass die Kleinen für den Kindergarten angezogen werden müssen, sie verschläft das Frühstück, sie verschläft das Wäsche waschen und die Betreuung der Kinder. Irgendwie muss das mit den vielen Silberpapieren zusammenhängen, die immer in ihrem Zimmer herumliegen. Silberpapiere, die nicht glitzern, sondern Emelys Mama in die Dunkelheit holen.
"Silberregen glitzert nicht" ist ein sehr bewegendes Buch, das Kindern und Jugendlichen ganz einfühlsam das Thema Sucht - im Fall von Emelys Mama Tablettensucht - nahe bringt und ganz sanft und respektvoll zeigt, dass es erlaubt ist darüber zu sprechen und Hilfe zu suchen.
Durch die Tablettensucht ist Emelys Mutter nicht dazu in der Lage sich um ihre Kinder oder den Haushalt zu kümmern. Der Vater ist beruflich immer unterwegs. Emely übernimmt die Aufgaben der Mutter, insbesondere die Versorgung der kleinen Geschwister. Parentifizierung wird diese Situation genannt, die in vielen Familien mit kranken oder süchtigen Eltern stattfindet oder dort, wo Eltern nicht in der Lage sind, sich selbst um ihre Kinder zu kümmern.
Christine Werner wählt eine behutsame, aber eindrückliche Darstellung dieser Parentifizierung, mit der sich betroffene Kinder sicher gut identifizieren können. Damit bietet sie eine Hilfestellung, die sehr wertvoll ist. Emelys Geschichte sagt."Du bist nicht allein und es gibt einen Weg aus dieser Situation." Der kann über Freunde gehen, muss aber nicht. Oft ist das Thema mit so viel Scham behaftet, dass es einfacher ist mit einer fremden Person ins Gespräch zu kommen, als mit einem bekannten Menschen. Zumal sich Betroffene häufig zurückziehen und isolieren. Scham, das Gefühl von Schuld und Wertlosigkeit können Antreiber sein, ebenso die Angst davor, was mit Eltern und Kindern passieren kann. Mit ihren liebenswerten Figuren schafft Werner Empathie und nimmt Betroffene ganz sanft und feinfühlig an die Hand.
"Silberregen glitzert nicht" ist nicht nur für betroffene Kinder lesenswert, sondern auch für alle anderen Menschen. Um Missstände in Familien aufzudecken, muss ein Kind ca. 7 Erwachsene ansprechen bzw. muss etwa diese Anzahl an Erwachsenen etwas ahnen oder wissen, bevor etwas geschieht. Christine Werner sensibilisiert die Augen offen zu halten, Kinder ernst zu nehmen, nicht zu verurteilen, aber empathisch Unterstützung anzubieten. Mich hat sie mit ihrem Roman sehr bewegt. Ich sage gerne, dass der letzte Satz ein paar Tränchen bei mir hervorgeholt hat. Ich wünsche dem Buch sehr viele Leserinnen und Leser und werde mein Exemplar an meine Freundin weitergeben, die als Schulsozialarbeiterin die Schulbibliothek betreibt. Vielleicht kann Christine Werner auch dort ein Kind an die Hand nehmen.
Buchinfo:
Mixtvision (2023)
208 Seiten
Gebunden, 16,00 €
Rezensionen: ©2023, Nanni Eppner
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