05.03.21

Die Schule am Meer | Sandra Lüpkes





Juist, 1925: Tatkräftig und voller Ideale gründet eine Gruppe von Lehrern am äußersten Rand der Weimarer Republik ein ganz besonderes Internat. Mit eigenen Gärten, Seewasseraquarien und Theaterhalle. Es ist eine eingeschworene Gemeinschaft: die jüdische Lehrerin Anni Reiner, der Musikpädagoge Eduard Zuckmayer, der zehnjährige Maximilian, der sich mit dem Gruppenzwang manchmal schwer tut, sowie die resolute Insulanerin Kea, die in der Küche das Sagen hat. Doch das Klima an der Küste ist hart in jeder Hinsicht, und schon bald nehmen die Spannungen zu zwischen den Lehrkräften und mit den Insulanern, bei denen die Schule als Hort für Juden und Kommunisten verschrien ist. Im katastrophalen Eiswinter von 1929 ist die Insel wochenlang von der Außenwelt abgeschlossen. Man rückt ein wenig näher zusammen. Aber kann es Hoffnung geben, wenn der Rest der Welt auf den Abgrund zusteuert?
(Text & Cover: © Rowohlt; Foto: © N. Eppner)


Ein Jahr nachdem ich "Die Schule am Meer" gelesen, schon mehrfach empfohlen und verschenkt habe, schreibe ich endlich meine Meinung dazu auf. Trotz der Zeit ist die Geschichte noch so präsent, dass ich mich an viele Einzelheiten erinnere. Es ist eine gute Geschichte. Informativ, lesenswert, gegen das Vergessen.

1925 gründet eine kleine Gruppe aus Lehrerinnen und Lehrern ein reformpädagogisches Internat auf Juist. Man legt wert auf Kultur, auf Musik, auf eine gute Bildung, erzieht Werte und Gleichheit. Doch die Politik steuert auf genau gegensätzliche Maßnahmen zu. Während im Internat auf Juist Kinder wie Lehrer*innen eine Heimat finden, ganz gleich welcher religiösen Überzeugung oder Herkunft, nimmt bei den Insulanern eine rechte Gesinnung zu. Getrieben von Argwohn und Neid, wird es für Schüler*innen und Lehrer*innen vermehrt schwierig Fuß zu fassen. Angriffe gegen Mitglieder des Internats nehmen zu. Die Interessen des Kollegiums werden boykottiert und so bröckelt auch der Zusammenhalt untereinander.

"Doch im Leben geht es nicht um Angst. Auf den Mut kommt es an." (S. 559)

"Die Schule am Meer" habe ich innerhalb weniger Tage verschlungen. Basierend auf der wahren Geschichte, auf die Autorin Sandra Lüpkes durch Zufall gestoßen ist, konnte ein Roman verfasst werden, der fesselnd und informativ ist. Lüpkes konnte alte Aufzeichnungen zu Hilfe nehmen, um Atmosphäre der Zeit und ihrer gesellschaftlichen Probleme authentisch darzustellen. Sowohl der katastrophale Eiswinter 1929, als auch die Entwicklung der nationalsozialistischen Bewegung in Deutschland finden Raum. 

Die Figuren, die teilweise erfunden, aber auch auf realen Personen basieren, sind mit viel Tiefe herausgearbeitet und fügen sich perfekt in das Gesamtbild. Ich kann sie mir lebhaft vorstellen, empfinde Sympathien für viele von ihnen und große Abneigung gegen all jene, die aus einer bunten Schar Kinder mit eigener Persönlichkeit einen Haufen Einheitsbrei machen wollen. Gegen diejenigen, die keine Toleranz zeigen und mit Hass gegen die Kinder und das Kollegium vorgehen. 

"Die Schule am Meer" ist ein Buch zum Schmökern und gleichzeitig wird die Härte der 20er Jahre dargestellt, in denen es so viele Ideen gab, die jedoch alle im Keim erstickt wurden. Es ist ein Roman gegen das Vergessen, der mit starken Persönlichkeiten und Handlungen über Mut und Zusammenhalt, Empathie und Toleranz bei Leserinnen und Lesern fördern kann. 


Buchinfo:

Rowohlt Kindler (März 2020)
576 Seiten
Hardcover 22,00 €


Rezensionen: © 2021, Nanni Eppner

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